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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 30
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stelle sich ja unter diesem Begriff etwas anderes vor. Auch müsse im Sinne der Toleranz
von der Aufnahme abgesehen werden, da ja alle Staatsbürger zusammengefaßt werden.
Ausgehend von der Einschätzung des Staates als eines weltanschaulichen neutralen Staates
und im Sinne einer Trennung zwischen Kirche und Staat hat also die SP die Aufnahme
diesbezüglicher Aussagen in die Verfassung abgelehnt.

Die Auffassung der demokratischen Partei zur Formulierung der Präambel war differenzierter
. Sie wollte sich zunächst, bevor sie sich dann der von der BCSV vorgeschlagenen
Fassung angeschlossen hat, im Gegensatz zur ausgesprochen starken Berufung der
BCSV auf die Gebote des »christlichen Sittengesetzes« in einem weiteren, d. h. in einem
allgemeineren Sinne allein auf das »göttliche Sittengesetz« verpflichtet wissen. Ein diesbezüglicher
Antrag ist am 25. März 1947 im Rechtspflegeausschuß gestellt worden: man
solle zurückkommen auf den »früheren, nicht mit dem vorliegenden identischen Regierungsentwurf
«, d. h. auf jenen, in Anlehnung an die Stuttgarter Verfassung entstandenen
Verfassungsentwurf; im Sinne der Toleranz könne die Berufung auf das »göttliche
Sittengesetz«, »wie dies in Nordwürttemberg und Nordbaden geschah, in die Präambel
hineingelegt werden«139.

In die badische Verfassung sind schließlich einige von ganz bestimmten religiösen
Vorstellungen getragene Wendungen eingearbeitet worden, wie etwa »im Vertrauen auf
Gott« (in der Präambel), »christlicher Charakter« (in Art. 86), »christliches Sittengesetz
« (in der Präambel), »Ehrfurcht vor Gott« (in Art. 26). Wenn sich in den Abstimmungen
über die betreffenden Artikel weitgehend die BCSV durchgesetzt hat, wobei
Abgeordnete anderer Parteien ihrerseits zu den einzelnen Punkten mehr oder minder
zahlreich zugestimmt haben, so muß auf die besonderen Gründe und auf die Begründungen
im einzelnen eingegangen werden. Im wesentlichen haben sich drei Antworten
auf die Frage ausfindig machen lassen, warum die Abgeordneten der Beratenden Landesversammlung
Baden es für notwendig erachtet haben, ihrem christlichen Bekenntnis
nachhaltigen Ausdruck zu verleihen.

Aus den Ausführungen Wilhelm Werrleins (siehe oben Anm. 135) ist schon hervorgegangen
, daß sich die Abgeordenten der BCSV ausdrücklich dem Auftrag des Wählerwillens
verpflichtet gesehen haben. Wilhelm Werrlein sagte, daß »das christliche Volk... die
Vollmacht zur Fertigung dieser Verfassung gegeben hat...«140. An einer anderen Stelle
sprach Dr. Wolfgang Hoffmann von der »pflichtgemäßen Ausführung eines uns gewordenen
Auftrags, dem wir allerdings aus innerster Überzeugung nachzukommen wünschen
«141. Und im Zusammenhang mit der Schulfrage sagte Hans Schloeder aus Villingen
am 31. März 1947 im Rechtspflegeausschuß, »daß 80 % der badischen Bevölkerung
christlich« denke, und daß man deshalb die Verpflichung habe, dieses Wort in der Verfassung
zu verankern142. Dieser doch eher »äußere« und im Sinne des demokratischen
Prinzips der Übertragung des Wählerwillens auf den einzelnen Abgeordneten als »technisch
« zu bezeichnende Grund ist zwar, wie es eben aufgezeigt wurde, in den Beratungen
vereinzelt genannt worden, hat aber keine herausragende Bedeutung getragen in
dem Sinne, daß sich die Abgeordneten der BCSV ausschließlich auf ihn allein gestützt
hätten.

Der zweite Grund kann deshalb kurz behandelt werden, weil er schon in den Ausführungen
von Josef Harbrecht (siehe dazu oben Anm. 97), Hermann Schneider (Anm. 100)
und Wilhelm Werrlein (Fußnote 123) zur Sprache gekommen ist. Alle diese Ausführungen
lassen sich auf folgenden Nenner bringen: Angesichts der Gefahren eines sich ausbreitenden
materialistischen Zeitgeistes sei es notwendig, sich ganz bewußt und immer
wieder auf die tragenden Lebensprinzipien zu besinnen, um sie dann auch im persönlich
gelebten Bekenntnis hör- und sichtbare Gestalt werden zu lassen. Hierzu sei in diesem
Zusammenhang ausdrücklich bemerkt, daß von seiten der SP vor einer Aushöhlung dieses
Bekenntnisses und vor einer Erstarrung zur bloßen Leerformel gewarnt worden ist.
So sagte etwa Franz Geiler: »In dieser demokratischen Verfassung sind die christlichen
Grundsätze, sind die sittlichen Grundsätze, sind die großen Grundsätze des Menschen-

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