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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 149
(PDF, 41 MB)
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tung (des strengen ultramontanen Katholizismus), die alles verbrennen möchte, was der
Wessenbergianismus eingeführt - ich erinnere nur an die deutsche Sprache bei kirchlichen
Verrichtungen - aber die Zeit Wessenbergs war keine katholische, obwohl ich sicherlich
, so ich damals Pfarrer gewesen, selber zu seinen eifrigsten Anhängern gezählt
haben würde. Deshalb breche ich auch den Stab nie und nimmermehr über Wessenberg
und die Wessenbergianer.«

Uber Bremgarten und Grißheim geht es Neuenburg zu: »Das Land wird gegen den
Schwarzwald hin rauher und öder, die Aussicht auf die Berge aber immer schöner. Dem
Rhein zu haben die Bewohner dieser Gegend in den einstigen tiefen Rheinbetten üppige
Gärten und Felder mit Wäldern von Obstbäumen angelegt; nur die Pappeln, die sie begrenzen
, machen das Ganze melancholisch. - Gegen sechs Uhr kam ich nach Neuenburg
, der Niobe unter den alten Städten am Oberrhein. - Sie war einst die bedeutendste
Stadt zwischen Freiburg und Basel und wie das erstere die Gründung eines Herzogs von
Zähringen (gegründet von Berthold IV. zwischen 1180 und 90) und von dem Hohenstaufen
Friedrich II. an bis auf Ludwig den Bayer, der sie an das Haus Österreich bleibend
verpfändete, eine freie Reichsstadt mit eigenem Adel und mit patrizischen Geschlechtern
(Neuenburg war erstmals 1219 - 50 freie Reichsstadt, dann fiel sie an die
Grafen von Freiburg; nach dem Neuenburger Krieg wurde sie 1273 erneut freie Reichsstadt
, erhielt 1292 das Stadtrecht, bis sie dann 1331 an die Herzöge von Österreich verpfändet
wurde). - Einst eine feste Stadt mit Toren und Mauern und einem gotischen
Münster auf einem Rheinfelsen, ist Neuenburg heute ein ödes, formloses, langgestrecktes
Landstädtchen und von seiner alten Herrlichkeit kein Stein mehr auf dem anderen. -
Das Münster liegt am Rhein, der es langsam weggespült hat (vgl. etwa den Menanstich
von Neuenburg). Die alte Stadt aber haben nicht die Schweden (unter Herzog Bernhard
von Weimar im Dreißigjährigen Krieg) zerstört, sondern die Horden des allerchristlich-
sten Königs Ludwigs XIV. ...Im 'holländischen Rachekrieg'... brannte 1675 der General
Vauban die Stadt Neuenburg nieder... Kaum erhoben die Ruinen sich wieder notdürftig
aus der Erde, so kamen die Teufel (!) im 'orleanschen Krieg' wieder über den
Rhein. Der General Choiseul zündete 1690 die Stadt an und trieb die ausgeplünderten
Bewohner als Bettler in die weite Welt. - Die Zurückgebliebenen und Wiedergekommenen
hatten kaum ihre liebe Vaterstadt ... wieder einigermaßen hergestellt, so fingen die
Fürsten den spanischen Erbfolgekrieg an... Den Franzosen half dabei auch ein deutscher
Fürst, der edle (!) Maximilian II. von Bayern, dem zu seinem Prunkleben die französischen
Louisdors gut taten... Um sich mit diesem ... zu vereinigen, kam 1702 der Marschall
Villars über den Rhein und setzte sich in Neuenburg fest... Zwei Jahre später zog
der Marschall Tallard über den Schwarzwald... Ehe er Neuenburg verließ, befahl er, die
Stadt innerhalb neun Tagen gänzlich abzubrechen und dem Erdboden gleich zu machen
... Am 1. Mai 1704 verließen die Bewohner ... ihre Heimat und wanderten in ein
mehr als zehnjähriges Elend, das die meisten in dem benachbarten Dorfe Steinenstadt
zubrachten. - Am 1. Mai 1715 durften sie wieder heimkehren und auf ihrer alten Heimstätte
sich niederlassen. - Noch dreißig Jahre später bestand die Stadt aus 70 verarmten
Bürgern und 60 Hütten. - Nie mehr hat sich seither die alte Reichsstadt erholt, und mitleidsvoll
wanderte ich heute abend durch ihre einsame, armselige Hauptstraße...«. Daß
Hansjakobs Schilderungen nicht nur von patriotischem Tenor, sondern mitunter auch
von massivem Franzosenhaß diktiert sind, wird man in einigem freilich der Zeit zugut
halten müssen - alles in allem finden sich in der Neuenburgpassage zudem historische
Fakten, die den Tatsachen durchaus entsprechen -, und Hansjakob ist nun nicht einmal
der Mann, der damit nicht offen operiert.

»Wer von Neuenburg an das Rebgebirge hinüberfahren will gen Bellingen und Bam-
lach, der sollte einen eigenen Führer haben und muß verzichten auf die sonst mit Recht
berühmten badischen Straßen. - Unter ewigem Fragen und über, wie eine Frau, die auch
gefragt wurde, sie bezeichnete, 'ungattige' Wege kamen wir endlich auf die rechte Fährte
... (Beispiel einer Hansjakobschen Satzkonstruktion, die ihm als Schriftsteller nicht

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