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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 153
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0155
(1901 hatte man hier ein Sanatorium und Exerzitienhaus der Barmherzigen Schwestern
eröffnet.)

»Gegen Abend fuhr ich weiter, meinem Nachtquartier Lörrach zu.« Nochmals muß
er kurz schweizerisches Gebiet durchqueren, die Verzahnungen der Grenze verärgern
ihn, obschon man ihn »ungeschoren« ließ. Anno 1867 war er einmal kurz hier gewesen,
»hatte aber nichts mehr in der Erinnerung und staunte über die langgestreckte Stadt«.
Nachdem er sich im katholischen Pfarrhaus einquartiert hatte, »fuhr ich mit dem Wagen
zurück und suchte den Bürgermeister Grether auf. Er war vor dreißig Jahren mein lieber
Landtagskollege in Karlsruhe, und wir flanierten als junge, lebensfrohe Männer viel miteinander
auf der 'langen Straße' in der Residenz'herum. - Ich fand ihn daheim in seinem
Patrizierhaus, machte mit ihm aus, daß er mich morgen bis Badenweiler begleite, versuchte
seinen ausgezeichneten Markgräfler... Einen anderen mir werten Kollegen aus jenen
Tagen, den Demokraten und Hirschwirt Pflüger konnte ich leider nicht besuchen.
Er ist ein Achtziger und blind und krank und empfängt am Abend niemanden. Freund
Grether übernahm es, mich zu entschuldigen bei dem liebenswürdigen, tapferen Mann,
der bei großem Reichtum schweres Leid mit Geduld trägt.«

»In großen Fabrikorten, und Lörrach ist ein solcher, sind sonst die Abende vom Samstag
auf den Sonntag mehr als unruhig. Hier war das nicht der Fall. - Und erst der Sonntagmorgen
, der war so still und feierlich wie auf einem Dorfe.«

Unser Autor hält an diesem Sonntagmorgen einen Gottesdienst in der katholischen
Pfarrkirche. »Um neun Uhr ging's mit dem wackeren Bürgermeister ab und ins schöne
Markgräflerland hinein, das mir hieroben fremd war. - Es ist kein romantisches Schweizerland
, aber ein reiches, liebliches Frucht- und Weinland. Auf den Bergen und Hügeln
blüht der Weinstock, und in den Tälern reifen goldene Saaten. Drum machen auch die
Dörfer, die bald auf den Höhen, bald in der Tiefe liegen, durchweg den Eindruck der
Wohlhabenheit. - Schöne Blicke ins Rheintal und ins Elsaß wechseln ab mit der Schau
auf malerische Burgruinen... Es muß dieses Jahr einen herrlichen Markgräfler Wein geben
, denn die Sonne brennt wie Feuer über die Sonntagsnatur... Freund Grether und ich
hatten uns viel zu erzählen... Daß wir indes zwei alte 'Kracher' geworden, sah einer dem
andern an. - Sonst waren wir uns gleich geblieben; er ist noch der gleiche ruhige, vornehme
Mann wie damals, und ich bin noch der alte Haspler und Windmühlenmensch...«.
Sie sprachen auch von den politischen Kämpfen jener 70/80er Jahre in der badischen
Kultur- und Religionspolitik. »Interessant war mir die Mitteilung Grethers, daß seine
Familie aus dem Dorfe Tegernau im Wiesental stamme und dort von der Klosterherrschaft
St. Blasien vertrieben worden sei. - Dreihundert Jahre später kaufte der Onkel des
Bürgermeisters das Kloster St. Blasien für 80 000 Gulden« (1851 war darin u. a. eine
Baumwollspinnerei unter Leitung des Fabrikanten Grether aus Schopfheim etabliert
worden, die dann dem Brand von 1874 zum Opfer fiel).

Uber Mittag erreicht man Badenweiler, Hansjakob muß allein im ihm empfohlenen
Hotel Meißburger essen, da Grether von einer Migräne befallen wurde. Nach einer Siesta
fuhr der Lörracher Bürgermeister mit der Bahn in seine Heimatstadt zurück, Hansjakob
aber ließ einspannen, um im Anblick von Neuenburg, einem seiner Ausgangspunkte
, vollends nach Freiburg zurückzukehren. Eine letzte Rast vergönnt er seinen Schimmeln
im »Kreuz« zu Staufen. »An zahlreichen Weinbergen vorbei« erreicht er spätabends
die Stadt mit dem Franziskanerplatz und der Martinskirche.

Dokumentarisch geben unsere kurzkommentierten Auszüge freilich entschieden
mehr als in bloßer schriftstellerischer oder gar dichterischer Weise. Doch das kann hier
nicht schaden, im Gegenteil, darum war es uns ja von vornherein zu tun. Als guter Beobachter
, bewährter Geschichtskundiger und eifriger Archivbenutzer weiß er seiner Reise
auch im Markgräflerland manch kundige Lichter und aufschlußreiche Fakten aufzusetzen
(übrigens ein Grund mehr, daß man ihn genußreich wiederlesen kann!). Freilich
fühlte er sich der Hochrheingegend (Salpetererstudien!) schon durch seine Waldshuter
Jahre und dann gewiß auch parallel der Konfession jener Gegend mehr verbunden, ob-

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