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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 187
(PDF, 41 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0189
Zur Baugeschichte der Kirche zu Riedlingen

von Karl List

Die Kirche zu Riedlingen mit ihrem auf dem Westgiebel sitzenden kräftigen Dachreiter
zeigt im äußeren Erscheinungsbild wenig besondere Merkmale, die auf ein hohes Alter
schließen lassen. Doch im Innern der Kirche wird der Besucher durch die merkwürdige
Dreiteilung in das westliche Hauptschiff, den durch zwei Triumphbögen in West
und Ost abgeschnürten Altarraum und einen unsymmetrisch aus der Achse weichenden
Chor - der jetzt als Taufkapelle dient - darauf aufmerksam gemacht, daß hier mehrere
geschichtliche Bauten einander abgelöst haben. Durch den verstorbenen, sehr interessierten
Baumeister Nägelin aus Riedlingen auf die Besonderheit der Kirche aufmerksam
gemacht und auf ihre baldige Instandsetzung hingewiesen, war es dem Verfasser möglich
, eine Reihe von Beobachtungen während der Instandsetzungsarbeiten im Frühjahr
1970 aufzuzeichnen. Eine Grabung fand nicht statt, doch gab der Einbau einer Heizung
die Möglichkeit, Bodenuntersuchungen anzustellen. Die Ergebnisse sind im beigefügten
Plan festgehalten.

Ein durch seine Fundamentstrukturen als romanisch anzusprechender Bau entstand
wohl im elften oder zwölften Jahrhundert. Das ungegliederte Schiff besaß ein Lichtmaß
von ca 20 auf 40 Fuß; die Nordfundamente konnten nur annähernd ermittelt werden,
weil sie bis heute auf der Seite die Schiffsmauern tragen. Dem Kirchensaal war im Osten
eine Apsis zur Aufnahme des Altars angegliedert, worauf einige Befunde schließen lassen
. Stichproben ergaben auf der Nordseite des heutigen unregelmäßigen gotischen
Chors ein vorspringendes Fundament, welches der einstigen Apsis gedient haben dürfte.
Im westlichen Schiff dieser romanischen Kirche fand sich eine Taufanlage mit gemauerter
Piscina. Eine runde Steinplatte von ca 1 m Durchmesser mit einem quadratischen, in einem
Falz liegenden Verschlußplättchen, stellte sich erst später als Reliquiengrab heraus.
Auf dem Grunde des Behälters wurden Holzkohlenreste als Zeugen eines Dach- und
Deckenbrandes festgestellt.

Der wohl durch Brand zerstörten romanischen Kirche folgte spätestens in der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts eine gotische Erneuerung. Auf diese relativ frühe Zeit läßt
das noch ungekehlte Gewände an dem nördlichen Chorfenster schließen. Auch die sehr
unbeholfene Art der Chorerneuerung im gotischen Dreiachtel-Schluß wirkt befremdend
; man hatte das rundlaufende Fundament der zerstörten Apsis in wesentlichen Teilen
für den neuen Chor verwenden wollen. Auch das ältere Altarfundament wurde
durch den nun vergrößerten Altar überbaut. Eine große Überraschung ergab sich aus der
Freilegung eines für die relativ kleine Kirche überdimensionierten Westturmes, der an
seinen bis zu 1,70 m breiten Fundamenten ablesbar wurde. Durch die im Westen offene
Erdgeschoßhalle betrat man die Kirche, deren Westportal wohl noch das alte romanische
war, was die noch vorhandene Schwelle schließen läßt. Der Bau des Westturmes entsprach
einer im Markgräfler Land üblichen Baugewohnheit, insbesondere auch die offene
Turmhalle, durch die man die Kirche betrat. Daß auch hier in Riedlingen diese offene
Torhalle vorhanden war, geht aus der Bemalung des inneren südlichen Sockels hervor,
den die gleiche gotische Ranke schmückte, die an einem der Fenster gefunden wurde.
Der südwestliche Eckquader des Turmsockels mit steiler Schräge bot einen exakten Anhalt
zur Vermessung der starken Turmmauern. Der mächtige romanische Turm vor der
kleinen älteren Kirche legt die Vermutung nahe, daß hier, wie auch in Fischingen oder
Obereggenen, bei dem Bau des Turmes schon ein Neubau auch des Schiffes geplant war.
Doch hier in Riedlingen verlief die weitere Baugeschichte unerwartet. Welche Ereignisse
zum Abbruch des einst mächtigen Turmes geführt haben, läßt sich vielleicht aus alten
Bauakten ersehen; der Verzicht auf den Turm bleibt merkwürdig.

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