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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 9
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0011
In diesem Jahr hatte die Stadt 6018 Einwohner. Von da an entwickelten sich die Bevölkerungszahlen
in geradezu hektischen Sprüngen. 1844 zählte man 20'547, im Jahr 1860
45'981 und 1866 stieg die Einwohnerzahl auf 58'773. Das sind jedoch nur die Zahlen der
jeweils gemeldeten Personen. Die Zahl der tatsächlich Anwesenden wird weit höher geschätzt
. Je nach Konjunkturlage sollen Zeitweise 5, 15, 50 und bis zu 77% mehr Leute
sich als Wanderarbeiter (und z. T. mit Familien) unangemeldet in Mülhausen aufgehalten
haben. Es gibt eine zeitgenössische Schätzung, die für das Jahr 1842 sogar ein Verhältnis
von 100 gemeldeten Personen (Bürgern) zu 91 unangemeldeten Aufenthaltern annimmt,
die entweder beschäftigt oder auf der Suche nach Arbeit waren. Dazu kamen große Zahlen
von Pendlern, die täglich aus den umliegenden Dörfern zur Arbeit kamen. Nach einem
zeitgenössischen Bericht im Auftrag der französischen Akademie der Wissenschaften
sollen 1835 in gewissen Quartieren 2 und 3 mehrköpfige Familien in einem Raum bei
hohen Mieten haben leben müssen. Die Gründe für diese Verhältnisse wurden auch untersucht
, wobei als Ursache auch unüberlegte Landflucht und mangelnde Vorsorge eine
Rolle gespielt haben sollen.

Unter solchen Umständen hatten 22 junge Mülhauser Industrielle schon 1826 die »Societe
industrielle de Mulhouse« (kurz SIM) gegründet, die 1832 als gemeinnützig anerkannt
wurde. Sie verfolgte u. a. das Ziel, den Sinn für Sparsamkeit und Bildung zu fördern
. Für Arbeiter seiner 1826 gegründeten Maschinenfabrik baute Andre Köchlin eine
kleine Wohnsiedlung, bestehend aus 3stöckigen Häusern. Diese Siedlung wuchs bis
1867 auf 200 Wohnungen an. Im Jahr 1844 folgte der Papierfabrikant Jean Zuber-Karth
mit dem Bau von Wohnungen für seine Leute im Gebiet der »Ile Napoleon«. Auf der
Weltausstellung 1851 trug er als Delegierter der SIM den Gedanken der Gründung ganzer
»cites ouvrieres« vor. Die nächsten Schritte zur Verwirklichung dieser Idee tat der
Fabrikant Jean Dollfus, Teilhaber und Seele der Firma Dollfus, Mieg & Cie. Er war Mitglied
der Handelskammer, Depute und schließlich noch Bürgermeister von Mülhausen.
1853 erhielt er die ministerielle Zusage einer öffentlichen Teilfinanzierung für den Fall,
daß eine eigene Baugesellschaft für diesen Zweck gegründet wurde. Schon der 10.6.1853
war der Gründungstag dieser »Societe Mulhousienne des cites ouvrieres«. Eines ihrer
Mitglieder war Nicolas Koechlin. Außer einer Verzinsung des Kapitals mit 4 % durfte sie
keine Gewinne erzielen. Ihr Zweck war: Grundstückserwerb und Bau von Familienhäusern
mit Keller und Garten, Verkauf der Häuser zu Selbstkostenpreisen auf der Basis
langfristiger monatlicher Abzahlung oder Vermietung zu höchstens 8% des Selbstkostenpreises
, jeweils an Arbeiter. Am 27.6.1853 wurde aufgrund von Dollfus' Vorverhandlungen
beim Innenministerium der Antrag auf eine erste Subvention von ffr.
150'000 gestellt, der am 15.10. 1853 bewilligt wurde für ein Programm von 300 Arbeiterhäusern
nach den Plänen des schon genannten Architekten Emile Müller, der selbst auch
Mitglied der Societe Mulhousienne des cites ouverieres war.

Verwendet wurde die Subvention für die Infrastruktur: Das Abwassernetz, die Brunnen
, Straßen mit Baumpflanzungen und für Bade- und Waschhäuser. Auch für die weiteren
Bauprogramme wurden staatliche Zuschüsse gegeben. 1854 wurden so 100 Häuser
fertig, und bis 1857 waren es 304, von denen bereits 127 verkauft waren. Im Jahr 1895
standen 1237 solcher Familienhäuser bei einem Aufwand von ffr. 4'232'128. In den Jahren
1871-1875 trat eine Pause in dieser Bautätigkeit ein, denn nach dem Krieg 1870/71
war eine Welle von Abwanderungen zu beobachten. Alteingesessene Bürger und Fabriken
gingen wohl meist nach Frankreich, Zuwanderer in die badische Nachbarschaft, wie
wir das für Lörrach feststellen können, waren vor allem die Arbeiter.

2.4 Weitere Unterlagen und Quellen.

Wir wollen uns auf die Literatur und Quellen beschränken, die offensichtlich eine nahe
Beziehung zum Lörracher Arbeiterwohnungsbau haben. Dazu gehören firmengeschichtliche
Arbeiten und Berichte über Lörracher Betriebe, die vor 100 oder mehr Jah-

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