http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0078
Wohnungswesen zu interessieren, für die Wohnversorgung an sich, für deren Qualität
und für die Möglichkeit, auch unterstützend einzugreifen.
Diese Entwicklung zu untersuchen, kann nicht Aufgabe im Rahmen unseres Themas
sein. Die Rückwirkungen dagegen, die die Gemeinde Lörrach registrieren konnte, sollen
unseren Bericht abrunden. Sie seien daher kurz skizziert. Von Bedeutung wurde ein
Beschluß des »Ausschusses der Landesversicherungsanstalt Baden«, den dieser auf Vorschlag
des Vorstandes am 24. Sept. 1892 gefaßt hat:
»Der Vorstand der Versicherungsanstalt Baden wird ermächtigt, nach eingeholter
Genehmigung Gr(oßherzogL) Ministeriums des Innern, zum Bau von Arbeiterwohnungen
an Gemeinden bezw. an solche Unternehmungen, welche für die
Durchführung des Baues und für die entsprechende Verwendung des Gebäudes zu
Gunsten des Arbeiterstandes sowie für die regelmäßige Tilgung und Verzinsung
des Darlehens die Gewähr der vollen Sicherheit in sich tragen, Gelder zu 3 1/2 %
und bis zu 80 % des Platz- und Bauwertes gegen erstes bedungenes Unterpfand
darzuleihen.« . . .
Diese Darlehen sollten unkündbar und in höchstens 50 Jahren getilgt sein. Für die Jahre
1892 und 1893 zusammen standen 1 Mio Mark zur Verfügung. Am Schluß der Mitteilung
an die Bezirksämter hieß es: sie würden ersucht,
»Gemeinden, gemeinnützige Baugesellschaften und Baugenossenschaften sowie
selbstbauende Arbeiter hievon zu benachrichtigen und ... im Sinne obigen Schreibens
Auskunft . . . (erteilen) zu wollen«.
Am 28. August 1893 erbat sich der Stadtrat von Konstanz von der Stadt Lörrach eine
Vertragsexemplar ȟber den Verkauf der (von KBC hergestellten) Wohnungen, welche
an Arbeiter auf Abzahlung in bestimmter Frist übergeben werden«. Bürgermeister Gret-
her gab einen kurzen Erfahrungsbericht und sagte zum Vertrag selbst: »Die Bestimmungen
dieses Vertrages haben sich durchaus bewährt«.
Daß Mittelaus dem Reichshaushalt für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt
wurden, erfahren wir zum ersten Mal aus einer Mitteilung des Großh. Ministeriums
des Innern vom 15. Februar 1909. Darin heißt es, daß aus Uberschüssen der Haushaltsjahre
1907 und 1908 5 Mio Mark für diesen Zweck zur Verfügung stünden, aus denen
Baudarlehen für gemeinnützige Unternehmungen gewährt würden. Voraussetzung
war u. a. die Beschränkung der zu verteilenden Dividende auf 4 % und die Bestimmung
des entstehenden Vermögens ausschließlich für gemeinnützige Zwecke. Diese heute
noch geltenden Vorschriften sind also 73 Jahre alt. Die Darlehen waren zinsverbilligt (3
%, Tilgungsquote 1 %). Darauf hat offenbar der Bauverein Lörrach-Stetten eGmbH ein
solches Darlehen beantragt. Aus der Beantwortung der Rückfrage des Ministeriums erfahren
wir, daß dieser Bauverein damals 51 Mitglieder hatte.
Die Großh. Fabrikinspektion hatte offenbar Veranlassung, über die schlechten
Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft an verschiedenen Orten zu klagen, zumal große
Unterschiede im Lande auffielen. Das badische Innenministerium gab deshalb einen Erlaß
heraus, nach dem die Bezirksämter über die Wohnungsverhältnisse zu berichten hatten
(1895). Stetten und Lörrach konnten berichten, daß es keine Mansardenwohnungen
mehr gebe. Durch die vielen Neubauten der letzten 5 Jahre hätten die Wohnungsverhältnisse
eine auffallende Verbesserung erfahren. Im kommenden Jahr würden noch eine
größere Zahl von Wohnungen gebaut, so daß dann von einer wirklichen Wohnungsnot
mit Recht nicht mehr gesprochen werden könne.
Anfang Januar 1911 macht das Bezirksamt Lörrach die erste statistische Erhebung
über den sozialen Wohnungsbau (»Wir haben dem Ministerium des Innern über die
Wohnungsverhältnisse im Amtsbezirk Vonrag zu erstatten«). Man wollte wissen:
1) Besteht in der Gemeinde ein Mangel an gesunden und preiswerten Kleinwohnungen
, insbesondere an solchen für die industriellen Arbeiter?
2) Sind in der Gemeinde Maßregeln ergriffen..., um einem vorhandenen oder zu
erwartenden Wohnungsmangel zu begegnen?
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