Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 121
(PDF, 40 MB)
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36 33 28 26 20 5 4 4 3 2 1 1 1

Tüll. Pfr.

15 13 7 6

Stud. und Lehrer Lörrach Laus.
48 22 10 19 4 4 10 1 1 1 1 3 3 3 1 1 3 1
Fassen wir aber zusammen, was wir für die Zeit um 1600 schon festgestellt haben:
Dort war erkennbar, wie ein bedeutender Gelehrter wie Felix Platter in Basel eine Anziehungskraft
ausgeübt hat. Von ihm wissen wir, daß er in bestimmten Fällen seine Patienten
bei ihm bekannten Badern und Chirurgen in deren häusliche Pflege gegeben hat,
denn es war üblich, daß diese eine Art Kurheime mit einer gewissen Anzahl von Pflegebetten
unterhielten, wo die Arztpatienten nach den Anweisungen ihrer Ärzte behandelt
wurden. Medizingeschichtlich war zu beobachten, daß auch die »Nachrichter«, die
Scharfrichter, oft ein Heilgewerbe betrieben haben. Da wir ihre Methoden nicht kennen,
wissen wir nicht, wieviel daran auf Aberglauben und wieviel auf »Medizinmänner«-
Uberlieferung beruht hat. Ihr Ausbruch aus der gesellschaftlichen Verfemung ist ihnen
jedoch zum Teil über das Gewerbe der Chirurgen, zum Teil direkt über das Studium als
Mediziner geglückt. Nachdem bei uns im Laufe der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts beobachtet
werden konnte, wie die bisher über die Schulter angesehene Chirurgie allmählich
von den Universitäten als eine Art »Schmalspurmedizinisches« Fachstudium aufgenommen
ist, sehen wir sie schließlich als vollanerkanntes Fach in die hehre Fakultät der Medizin
integriert.

Auch die Hebammen üben noch im 18. Jahrhundert einen zwar sehr angesehenen,
aber gewissermaßen handwerklichen Beruf aus, von den Ärzten zwar angelernt und
überwacht, aber nur in Notfällen unmittelbar persönlich unterstützt.

Bei Dr. med. Carl Friedrich Brodhag und aus dem Urteil seines Kollegen Dr. med.
Eduard Kaiser sehen wir schließlich den völligen Wandel im Urteil der Mediziner, wenn
Kaiser bemängelt, »mit Chirurgie und Geburtshilfe befaßte er sich durchaus nie«, womit
zum Ausdruck kommt, daß er altmodisch und nicht auf der Höhe der Zeit war.

Schließlich sei noch festgestellt, daß die bevölkerungsgeschichtlichen Wirkungen der
hier geschilderten Bildungsschicht sich erst in der Darstellung des Connubiums, also der
familiären Verflechtungen, zeigen können. Das ist jedoch in einer solchen lokal begrenzten
Betrachtung nur andeutbar. Erst in einer regionalen Darstellung träte deutlich hervor
, welchen Anteil in auf- und absteigender Linie die Familien der Dörfer und kleinen
Landstädtchen an dieser bildungsgeschichtlichen Entwicklung hatten. Bevölkerungsgeschichte
ist eben mehr als Geschichte von Landwirtschaft und Handwerk, mehr als
Wirtschafts- und Sozialgeschichte, mehr als genealogische Detailstudien, so interessant
das im einzelnen sein mag. Das Ganze wird überwölbt von der geistesgeschichtlichen
Entwicklung und ist damit untrennbar verbunden mit der Entstehung und Rezeption
dessen, was wir Bildung nennen. Die größte Tat auf diesem Weg — in Deutschland — war
zweifellos die Einführung der allgemeinen »deutschen Schule« durch Martin Luther.

Das, was wir hier an einem eng begrenzten Beispiel darlegen konnten, ist in seiner
Breite nur möglich geworden eben durch diese deutsche Schule mit ihrer in unserem
Land 425 Jahre alten Tradition. Man darf daran erinnern.

Anmerkungen

1) Carpentarii lat., Berufsname für Zimmermann oder Wagner, quia pauper lat. = arm, ohne
Bar-Mittel.

2) H. Schreiber »Geschichtliche Ortsbeschreibung« II 108.

3) Hans Kälin »Papier in Basel bis 1500«, Basel 1974, »luter lonpen« will heißen »reine Lumpen«,
nämlich solche aus »reinem Leinen«.

4) Tagebuch des Johannes Gast, Pfarrer zu Sankt Martin in Basel, Basler Chroniken Bd. 5.

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