Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 149
(PDF, 40 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0151
Zu dieser Sicht der Dinge kann vor allem das alamannische Gräberfeld von Kleinhüningen
beitragen, nur wenige Kilometer flußabwärts an der Wiesemündung gelegen, das
von Basler Archäologen annähernd vollständig aufgedeckt worden ist. Dort wurden
auch die Gräber gefunden, die in erster Linie eine Rekonstruktion des Lörracher Frauengrabes
erlauben und eine Vorstellung des geschichtlichen und sozialen Umfeldes vermitteln
, in dem diese vornehme Alamannin des 5. Jahrh. n. Chr. gelebt hat.

Auch der Kleinhüninger Bestattungsplatz beginnt mit Grabfunden des 5. Jahrhunderts
. Hochgestellte und reiche Familien waren es, deren Angehörige sich hier mit erlesenen
Waffen und kostbarem Schmuck beisetzen ließen, in einer Zeit, in der die Sitte der
Erdgräber und der Totenbeigaben bei den Alamannen noch nicht allgemein üblich war.
Einfache Bestattungen der gleichen Zeit wird man dem Gesinde zuweisen dürfen, erst in
den folgenden Generationen tritt dann mit zahlreichen beigabenführenden Gräbern geringeren
Niveaus die bäuerliche Bevölkerung des Ortes archäologisch in Erscheinung.

Ähnlich, wenn auch vielleicht insgesamt etwas bescheidener haben wir uns das Lörracher
Reihengräberfeld im Bereich von Tumringer Straße, Teichstraße, Graben- und
Turmstraße vorzustellen. Denn überall in diesen Straßen wurden schon seit Anfang des
19. Jahrhunderts immer wieder Steinkisten und Erdgräber, Skelettreste oder einzelne
Beigaben wie Ohrringe (1882 im Hirschengarten) oder eine Lanzenspitze (1925 in der
Grabenstraße) gefunden. Die räumliche Nähe des frühen Frauengrabes zu relativ zahlreichen
Bestattungen jüngerer Zeit erhärtet die Vorstellung von einem großen Friedhof,
der nur eben nicht wie Kleinhüningen oder das auch nicht allzuweit entfernte Herten
(Hochrhein) in guter und vollständiger Erhaltung auf uns gekommen ist.

In der Nachbarschaft sind allerdings auch Gräberfelder anderen Charakters bekannt
geworden. Rechts des Rheins, am alten »Gotterbarmweg« in Kleinbasel, liegt ein Bestattungsplatz
, der auch im 5. Jahrhundert begonnen, jedoch schon früh im 6. Jahrhundert
wieder aufgelassen wurde. Auch hier sind Frauengräber des gleichen Typus vertreten,
dazu Bestattungen schwerbewaffneter Männer. Zeitgenossen der Frau von Lörrach haben
die zugehörige Siedlung gegründet, aber schon die nächste Generation hat sie wieder
verlassen und den Friedhof aufgegeben. Kein Hinweis findet sich in diesem adligen, vornehmen
Milieu auf bäuerliche Mitbewohner. Eine Siedlung militärischen Charakters also
, die nach der fränkischen Eroberung aufgegeben werden mußte ? Deren ursprüngliche
militärische und administrative Funktion nicht mehr ins Schema paßte? Es gibt dazu in
Süddeutschland weitere Beispiele, die derartige Vermutungen stützen.

Die Siedlung von Lörrach hat jedenfalls eine andere Geschichte, ein anderes Schicksal
gehabt. Vergleichbar in allen genannten Fällen (Basel, Kleinhüningen, Herten) ist die
Gründung durch eine adlige Familie, wobei wir für Kleinhüningen, das an einer verkehrsgeographisch
und strategisch wichtigen Stelle liegt, ein alamannisches Hochadelsgeschlecht
voraussetzen dürfen. Vor allem die Männergräber dort enthalten Funde
(Schwerter mit Goldgriff, Schnallen und Beschläge mit Edelsteineinlagen, Gläser und
Bronzegeschirr), mit denen sich diese sozialgeschichtliche Einordnung begründen läßt.
Bei Frauen ist die Bestimmung des gesellschaftlichen Ranges im allgemeinen schwieriger
, doch läßt sich in Kleinhüningen der familiäre Zusammenhang mit sehr reichen Männergräbern
fast immer an der Lage im Friedhof ablesen.

Ein sehr typisches Frauengrab (Kleinhüningen Grab 126, Abb. 3) hat auch im wesentlichen
die Vorlage zu der Tracht- und Schmuckrekonstruktion (Abb. 2) des Lörracher
Inventars geliefert. Typisch ist dieses Ensemble nicht nur für Kleinhüningen und das
rechtsrheinische Land um Basel, sondern für das ganze alamannische Gebiet im ausgehenden
5. Jahrhundert. Wenn auch oft nur in Resten erhalten oder gefunden - wie dies
eben leider auch für Lörrach zutrifft - zeigen doch archäologische Entdeckungen außerhalb
des hier behandelten Gebietes wie in Mahlberg (Ortenau), Graben-Neudorf (Karlsruhe
) oder Kirchheim (Neckar), daß es im adligen Milieu dieser Zeit eine fast genormte,
jedenfalls weitgehend vergleichbare, anscheinend auch verbindliche Frauentracht gegeben
hat. Dabei konnten selbstverständlich Schmuckstücke in Form oder Dekor vonein-

149


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0151