Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 153
(PDF, 40 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0155
So ist es kein Zufall, daß sich selbst unter den wenigen erhaltenen Funden aus Lörrach
gleich mehrere Importstücke befinden. Bügelfibeln, Fingerring und sehr wahrscheinlich
auch Ohrring (Abb. 1) sind in Italien entstanden, das in dieser Zeit von den Ostgoten beherrscht
wurde. Um 490 hatte dieses germanische Volk unter Führung seines Königs
Theoderich Italien erobert, etwa fünfzehn Jahre nach der Absetzung des letzten weströmischen
Kaisers Romulus Augustulus. Theoderich, der in der deutschen Sage als Dietrich
von Bern (Verona) seinen Platz gefunden hat, regierte sein römisch/ostgotisches
Reich bis zum Jahr 526 n. Chr. Das Reich selbst hatte nach ihm nur noch wenige Jahrzehnte
Bestand und ging in den unvermeidlichen Auseinandersetzungen mit Ostrom
(Byzanz) zugrunde.

Im ausgehenden 5. und beginnenden 6. Jahrhundert allerdings, in der Regierungszeit
des Theoderich, war das ostgotische Italien zu einem Macht- und Ordnungsfaktor ersten
Ranges im westlichen Europa geworden. Verbindungen mit anderen germanischen
Stämmen, darunter auch mit den Alamannen, wurden geknüpft und ausgebaut mit dem
Ziel eines größeren und besser gesicherten Reichsverbandes. Diese Bemühungen, die
den überkommenen römischen Reichsgedanken durchaus nicht ausklammerten, galten
einmal der größeren Unabhängigkeit von Byzanz, andererseits auch der Bildung eines
Gegengewichts gegen die fast stürmische Expansion der Franken unter den ersten Königen
aus dem Haus der Merowinger. So war es nur konsequent, daß nach der alamanni-
schen Niederlage gegen die Franken (496 n. Chr. bei Zülpich) König Theoderich eine
Art Schutzherrschaft über das noch nicht fränkisch gewordene südliche Alamannien errichtete
, wodurch das Vorrücken der Franken um drei Jahrzehnte hinausgeschoben,
letztlich allerdings nicht verhindert werden konnte.

In diese hier nur angedeuteten geschichtlichen Zusammenhänge führt uns das Lörracher
Grab, in dem eine Zeitgenossin König Theoderichs bestattet ist. Sie war nicht die
einzige vornehme Alamannin, die ostgotischen Schmuck besaß, den sie mit Erzeugnissen
heimischer Goldschmiede kombiniert und auf »alamannische« Weise getragen hat.
Auch in anderen Grabfunden dieser Zeit werden die engen kulturellen Beziehungen zwischen
beiden Völkern deutlich. Rein »ostgotische« Bestattungen gibt es hierzulande bisher
noch nicht, obwohl sicher nicht wenige Ostgoten, in königlichem Auftrag oder aus
eigener Initiative, in Südwestdeutschland gewesen sind. Umgekehrt konnten in Oberitalien
an Hand ihrer Gräber einzelne alamannische Familien dieser Zeit nachgewiesen werden
. Das Interesse an diesen die Alpen überquerenden Verbindungen war also auf beiden
Seiten gleichermaßen vorhanden und führte mit Sicherheit zu zahlreichen persönlichen
Kontakten, die dann auch dem kulturellen und materiellen Austausch die Wege öffneten
. Naturgemäß hatte der Adel als die politisch und wirtschaftliche dominierende
Schicht an diesen Vorgängen maßgeblichen Anteil, was letztlich in solchen Funden wie
den Lörracher Fibeln und Ringen seinen Ausdruck findet.

Literaturhinweise:

- Friedrieb Kuhn, Der Alamannenfriedhof von Lörrach. Markgräflerland 11, 1940, 51.

- Joachim Werner, Ostgotische Bügelfibeln aus bajuwarischen Reihengräbern. Bavrische Vorgeschichtsblätter
26, 1961, 68.

- Friedrich Garscha, Die Alamannen in Südbaden. Katalog der Grabfunde (1970) 204.

- Volker Bierbrauer, Alamannische Funde der frühen Ostgotenzeit aus Oberitalien. In: Studien
zur vor- und frühgeschichtlichen Archäologie. Festschrift für Joachim Werner zum 65. Geburtstag
(1974) 559.

- Rainer Christlein, Die Alamannen. Archäologie eines lebendigen Volkes (1978).

- Gerhard Fingerlin, Ein reiches alamannisches Frauengrab aus Mahlberg in der südlichen Orte-
nau. Archäologische Nachrichten aus Baden 23, 1979, 26.

- ders. Gräber der Merowingerzeit aus Lörrach. In: Lörrach und das rechtsrheinische Vorland von
Basel. Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern (1981) 173.

- Ulrike Giesler, Das rechtsrheinische Vorland von Basel und Äugst im frühen Mittelalter. In: Lörrach
und das rechtsrheinische Vorland von Basel. Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern
(1981)92.

153


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0155