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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 1.1983
Seite: 164
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ließ. Übermütig riß sie schließlich das Fenster auf und rief in die Nacht hinaus: »Ganggala-
ris, chumm ine!« Kaum war's gesagt, ragte auch schon ein bizarrer Kopf vor ihr auf, und nur
mit äußerster Mühe gelang es ihr, das Fenster vor ihm zuzuschlagen. - Oder: »Wenn der alte
Bäcker, in dessen Haus der Geist spukte, mit Holz nach Basel fahren wollte und morgens
früh um drei Uhr seine Pferde gefüttert und aufgeschirrt hatte«, nochmals in die Stube ging,
seinen Kaffee zu trinken, und alsdann in den Stall zurückkehrte, »hatten seine Rößlein das
Geschirr verkehrt an. Das hatte der Ganggalaris getan« (vgl. Künzig).

Weshalb der Ganggalaris umgehen mußte, wußte keiner so recht. Es gab sogar Leute, die
behaupteten, der Ganggalaris hätte seiner eigenen Beerdigung von einem Dachfenster aus
zugesehen. Nein, mit rechten Dingen konnte das nicht zugehen. Nur schade, daß ihn der
Johann Peter Hebel nicht gekannt und ihn in seinen Gedichten verewigt hat! Oder hätte er
ihn insgeheim gekannt und wollte ihn klugerweise durch solche Nennungen und Würdigungen
nur nicht reizen? Wir wissen es nicht, und es ist eigentlich ein Jammer, daß die alte
Scheune abgerissen und damit sein letztes Domizil zerstört wurde.

Woher sein Name abzuleiten, verrät keine eindeutige Quelle. Eher von »gangle«
(=schlendern) als von »gängeln«. Auch die Sagen um die Häfnet-Jungfrau können hier nicht
weiterhelfen. Das von Hermann Albrecht in seiner gleichnamigen »Dorfgeschichte« eingeführte
Männlein (»das die Schloßherrin warnte, ihren Ubermut zu weit zu treiben«) kann in
keinem Fall mit der Gestalt des Ganggalaris in eins gesetzt werden, auch nicht im Zusammenhang
mit der späteren Bemerkung »Hast Du den Kirchhof nit möge, mag er Dich auch
nit«. Dasselbe gilt freilich auch für den wiederholt in der Hebeischen Dichtung auftretenden
»alten Mann«.

Eine seltsame Erklärung bringt hierzu der 1829 in Hüsingen geborene Ernst Friedrich
Sturm (Teilnehmer am Heckerzug, nach Freiburger Studienjahren aus politischen Gründen
Lehrer in Lausanne und in Nizza, erst 1872 nach Deutschland zurückgekehrt, nachmalig
Professor für Sprachen in Wiesbaden und ab 1874 in Freiburg, wo er bereits 1876
verstarb), und zwar in seiner Anmerkung zum »Gangelari«-Gedicht (»Ernst Friedrich
Sturms nachgelassene Gedichte und Uebersetzungen in Auswahl«, Waldshut 1878):
»Der Popanz Gangelari treibt nun allerdings sein Wesen nicht im 'Hollengäßchen', sondern
(wenn ich mich recht erinnere) im 'Höhlengäßchen'. Wenn aber, wie man mit
Recht vermuthen kann, Gangelari der alte allemannische Name für 'Wodan' 'der gangare
' ist, so mag 'Höhle' auch wohl nur eine Corruption (sie) von 'Holla' sein. Wo Wodan
ist, da sind in der Regel die Hulden, Holden oder Hollen auch nicht fern...«. Sinnvoller
wird es sein, über das mittelhochdeutsche »gengelaere« (= Umherzieher) auf den Eigennamen
Ganggalaris und seine mannigfaltigen Nebenformen zu stoßen.

Das Sturmsche »Gangelari«-Gedicht in diesem Zusammenhang uns vorzuführen, ist
nicht nur Ehrensache, sondern Selbstverständlichkeit.

Geh ja durchs Hollengäßchen nicht,
Da sitzt der Schelm, der Bösewicht;
Er plagt die Menschen, plagt das Vieh,
Drum wie den leid'gen Satan flieh
Den Kobold Gangelari.

Der Straubhans leucht vom Rütli her,
Wirft ab den Sack, von Nüssen schwer;
Ein Mäuslein kommt und nagt am Sack,
Fort sind die Nüss', o Schabernack!
Die Maus war Gangelari.

Im Wagen schnarcht der Göttigritz,
Von Brombach bringt er einen Spitz.
'Hüst!' ruft im Busch der Galgenstrick,

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