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daß z.B. das Selbstbestimmungsrecht oftmals im Interesse der Gegner gebeugt wurde.
Für nationalistische und revanchistische Kreise war dies ein Nährboden.
Die Abtretungen vcn wichtigen Gebieten und die von den Siegern geforderten Reparationen
trafen die Wirtschaft, die durch den Krieg sowieso am Boden lag, empfindlich.
Arbeitslosigkeit und Inflation erschwerten den Wiederaufbau.
Uberall gärte es. Die neue Regierung, die Weimarer Republik, stand vor fast unlösbaren
Aufgaben. -
Der Versailler Vertrag
Der Versailler Vertrag, am 28. Juni 1919 geschlossen, sollte den 1. Weltkrieg beenden.
Der Grundgedanke Wilsons in seinen 14 Punkten, damit einen stabilen Weltfrieden zu
schaffen, wurde nicht erfüllt. Zu sehr ließen sich die Siegermächte von ihren Interessen
leiten. Ihr Hauptziel war, Deutschland zu schwächen, es für die Zukunft als Welt- und
Kolonialmacht auszuschalten.
Deutschland wurde erst zur Friedenskonferenz eingeladen, als die Bedingungen feststanden
, die ihm auferlegt werden sollten.
Der deutsche Außenminister, Graf Brockdorff-Rantzau, warnte bei der Übernahme
der Forderungen vor den verhängnisvollen Folgen:
»Das deutsche Volk ist innerlich bereit, sich mit seinem schweren Los abzufinden
, wenn an den vereinbarten Grundlagen des Friedens nicht gerüttelt wird. Ein
Frieden, der nicht im Rahmen des Rechts von der Welt verteidigt werden kann,
würde immer neue Widerstände gegen sich aufrufen. Niemand wäre in der Lage,
ihn mit gutem Gewissen zu unterzeichnen, denn er wäre unerfüllbar. Niemand
könnte für seine Ausführung die Gewähr, die in der Unterschrift liegen soll,
übernehmen.« (26)
Ein Schrei der Empörung ging durch Deutschland. Die Bedingungen waren unerfüllbar
. Die Alliierten waren nur zu geringen Konzessionen bereit. Die Regierung Scheidemann
trat zurück. Das neue Kabinett Bauer (SPD, Zentrum und Demokraten) konnte
nicht weiter verhandeln, da ultimativ die Annahme des Vertrages bis zum 23. Juni verlangt
wurde. Die Alliierten drohten mit dem Einmarsch von Marschall Foch.
Reichspräsident Eben nannte den Friedensvertrag eine »Vergewaltigung«. Ministerpräsident
Scheidemann erklärte in Berlin:
»Der Vertrag ist so unannehmbar, daß ich heute noch nicht zu glauben vermag,
die Erde könne solch ein Buch vertragen, ohne daß aus Millionen und aber Millionen
Kehlen aus allen Ländern ohne Unterschied der Parteien der Ruf erschallt:
Weg mit diesem Mordplan!« (27)
Unter dem Druck der aufmarschierten alliierten Armeen stimmte der deutsche
Reichstag mit 237 gegen 138 Stimmen der Annahme des Friedensvertrages zu.
Gustav Bauer erklärte am 23. Juni 1919 daher:
»Der übermächtigen Gewalt weichend und ohne damit ihre Auffassung über die
unerhörte Ungerechtigkeit der Friedensbedingungen aufzugeben, erklärt deshalb
die Regierung der deutschen Republik, daß sie bereit ist, die von den alliierten
und assoziierten Regierungen auferlegten Friedensbedingungen anzunehmen
und zu unterzeichnen.« (28)
Sogar dem amerikanischen Außenminister Robert Lansing erschienen die Bedingungen
»hart, demütigend und obendrein auch unerfüllbar«.
Ein paar dieser Friedensbedingungen:
Elsaß-Lothringen kam an Frankreich, Eupen-Malmedy an Belgien, Westpreußen und
Teile Pommerns an Polen. Danzig wurde Freie Stadt. Die Kohlengruben des Saargebietes
und der Westpfalz mußten an Frankreich abgetreten werden. Die deutschen Kolonien
kamen unter die Obhut des Völkerbundes. In Posen, Oberschlesien, Westpreußen
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