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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 20
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0022
klage gegen die sieben Angeklagten war getrennt gehalten. Schlageter, Sadowski und
Werner wurden beschuldigt:

1). Im besetzten Ruhrgebiet einer Vereinigung angehört zu haben, welche zu dem
Zwecke gegründet worden war, Verbrechen gegen Personen oder gegen das Eigentum
vorzubereiten oder zu begehen.

2. ) In diesem Gebiet Informationen gesammelt und Berichte an deutsche Spezialbehör-

den übermittelt zu haben zu dem Zwecke, Attentate gegen Personen der Besatzungsmächte
oder gegen von diesen abhängiges Personal verüben zu lassen.

3. ) Am 15. März 1923 in Kalkum vorsätzlich den Bahnkörper beschädigt zu haben, indem
sie eine Brücke durch Explosionsstoff in die Luft sprengten mit dem erschwerenden
Umstand, daß diese Tat einen tödlichen Unfall verursacht hat oder verursachen
konnte.

4. ) Am 12. März 1923 in Essen-Stadtwald, Station Hügel, den Bahnkörper zerstört oder

beschädigt zu haben oder Anordnung zur Vollbringung dieser Tat gegeben zu haben
.

5. ) Im April 1923 in Werden und Kettwig absichtlich den Bahnkörper gesprengt zu haben
(58).

Die Anklage stützte sich auf das französische Militärstrafgesetzbuch und das Zivilstrafgesetzbuch
sowie die Verordnungen der Besatzungsmächte.

Es war von vorneherein kein fairer Prozeß. Die als Offizialverteidiger bestellten
Rechtsanwälte Sengstock, Marx und Müller erhielten ihre Ladung erst am 7. Mai und
hatten somit kaum einen Tag Gelegenheit, Akteneinsicht zu nehmen und damit ihre Verteidigung
aufbauen zu können.

Uber den Prozeß gibt es wenig authentische Berichte. Franke beschränkt sich auf den
Bericht von Dr. Sengstock, der Schlageter - nebenbei ohne dessen Anwalt zu sein - »einen
bleibenden Platz im Bewußtsein der Nation sichern« wollte und auf die Tendenzberichterstattung
der »Freien Presse«. Ihm sind die Berichte in den »Düsseldorfer Nachrichten
und dem »Düsseldorfer Tageblatt« eben entgangen (59).

Der Prozeß wurde von einer großen Menschenmenge begleitet. Ein umfangreiches
militärisches Aufgebot sperrte den Zugang zum Kriegsgericht. Die Angeklagten wurden
gefesselt vorgeführt.

Das Kriegsgericht, aus 5 Offizieren bestehend, tagte unter Vorsitz des Obersten Blon-
del.

Am ersten Tag wurden hauptsächlich Sadowsky, Kulmann, Zimmermann, Becker, Bis-
ping und Werner befragt, die außer Kulmann ihre Zugehörigkeit zur Gruppe Heinz bestätigten
und auch zugaben, beim Trupp Schlageter täglich als Spesen 18.000 Mark erhalten
zu haben. Am zweiten Tag galt die Aufmerksamkeit besonders Schlageter.

Er bestätigte die Zahlungen: »Die Mitglieder meiner Gruppe erhielten täglich von
Heinz 18.000 Mark« (60). »Wo das Geld herkommt«, sagte der Angeklagte, »weiß ich
nicht. Die Befehle, Sprengungen vorzunehmen, gingen nicht von der deutschen Regierung
aus«. Schlageter gibt zu, bei der Sprengung von Kalkum dabei gewesen zu sein:
»Ich war mir bewußt, was ich tat und übernehme die Verantwortung für das, was ich getan
habe.« (61)

Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe, denn: »Mit Sprengstoffen bewaffnete
Banditen haben mehrfach Anschläge verübt, die geeignet waren, das Leben vieler Mitmenschen
zu vernichten«. Er erklärte: »Es ist daher nur zu verständlich, daß man mit
solchen Elementen kein Mitleid haben kann, umso mehr, als sie auch eine Gefahr für unsere
Truppen bildeten. Wir haben es hier mit einer organisierten Bande zu tun, die als ihr
Ziel Sabotage und Spionage betrachten. Berücksichtigen Sie dabei, daß diese Leute, die
hier angeklagt sind, fast durchweg auch Friedensstörer nach dem deutschen Recht sind,
sie waren Mitglieder des oberschlesischen Selbstschutzes, sie haben an dem berüchtigten
Kapp-Putsch teilgenommen und sich jetzt im Augenblick der Ruhr-Aktion zu Sabotage-

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