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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 46
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0048
rückgegeben wurden.... (Weiter erhebliche Schwierigkeiten, in Trier eine Wohnung zu
finden).

Dr. Joseph Schreiner, Friedrich-Wilhelm-Gymnasium

Meine Ausweisung erfolgte am 28. Juli 1923. Die Franzosen suchten mich zunächst
vergeblich am Gymnasium, da ich an diesem Tage erst um 10 Uhr an der Anstalt zu erscheinen
hatte. Ein Kollege benachrichtigte mich sofort durch einen Schüler, so daß ich
mich zur Reise fertig machen konnte. Die Franzosen, die etwa um halb neun in meiner
Wohnung erschienen, gaben mir dazu nur 10 Minuten. Ich wurde im Auto zum Bahnhof
gebracht, wo meine Leidensgefährten, Prof. Brand, Oberpostrat Felchsner und Postrat
Lilje, schon warteten. Bis Koblenz wurden wir 3. Klasse, von da, nachdem wir auf dem
Bahnsteig eine Stunde hatten stehen müssen, 4. Klasse weiter befördert. Bewacht wurden
wir von einer schwarzen Begleitmannschaft, die sich nichts zuschulden kommen
ließ.

Als Grund der Ausweisung war auf dem mir ausgehändigten Ausweisungsbefehl angegeben
: Attitüde hostile ä l'egard des autorites d'occupation et excitation des eleves
contre les memes autorites. Ich kann sagen, daß ich mit bewußter Absicht jede Herausforderung
der Franzosen im Unterricht unterlassen habe.

Den wahren Grund erblicke ich darin, daß ich seit den Jahren 18 und 19 in einer Versammlung
(noch unter amerikanischer Besatzung) und in der Presse gegen die Abtrennung
des Rheinlandes von Preußen gesprochen habe. Daß die Franzosen tatsächlich
schwarze Listen geführt haben, und daß diese in den Anfang ihrer Besatzungszeit zurückreichen
, scheint mir daraus hervorzugehen, daß ich auf dem Ausweisungsbefehl
noch als Studienassessor figuriere: ich bin am 1. April 1920 zum Studienrat ernannt worden
. Auch ist im Jahre 20 einmal ein Beauftragter der Franzosen in meiner Abwesenheit
in unserer Wohnung gewesen, um nachzufragen, ob ich Offizier und in französischer
Gefangenschaft gewesen sei.

Den nächsten Anlaß hat nach meiner Vermutung geboten meine Haltung bei der dem
Prov. Schulkollegium anderweitig bekannten Disziplinarverhandlung... Daß unsere
Konferenzverhandlungen damals stets gleich zur Kenntnis der Franzosen kamen, war
allbekannt, ohne daß wir in der Lage gewesen wären, die Quelle dieser Vertrauensbrüche
zu entdecken. Schon über ein Jahr vorher hatte Herr Geheimrat Paulus1" sich gezwungen
gesehen, zu Beginn des Schuljahres allen Ernstes auf die Amtspflicht der Verschwiegenheit
bezüglich der Konferenzverhandlungen hinzuweisen. Übrigens war es in
dieser Zeit und erst recht im Herbst und Winter 23 stadtkundig, daß man bei jeder Zusammenkunft
, auch z. B. im Schöße einer politischen Partei, zu befahren (sie) hatte, daß
die Franzosen über den Inhalt der Besprechungen am nächsten Tage Bescheid wußten.

Die Ehefrau Schreiners war auch ausgewiesen, doch wurde der Termin wegen einer Erkrankung
verschoben. Befreundete Kreise wollten versuchen, eine Zurücknahme der
Ausweisung für Frau und Kind zu erreichen: Meine Frau hat das in meinem Sinne abgelehnt
mit gutem Grunde, wurde sie doch von einem befreundeten hochstehenden Trierer
Geistlichen darauf aufmerksam gemacht, daß ihre Anwesenheit in Trier in deutschen
Kreisen schon jetzt ein gewisses Befremden errege, das von ihm als neidbestimmt empfunden
wurde. Meine Frau hat dann vor Ablauf der Frist am 9. September Trier verlassen
.

...Während bei den ausgewiesenen Eisenbahnern die Organisation der Reichsbahn die
Fürsorge in die Hand nahm, war der höhere Beamte von vorneherein auf sich selbst angewiesen
.. . Ging nach Hildesheim... Die Aussichten auf Rückkehr waren im Winter 23
trübe. Zwar ließ mir der damalige stellvertretende Trierer Oberbürgermeister seine Vermittlung
anbieten, um die Aufhebung der Ausweisung zu erreichen. Ich lehnte diesen
fragwürdigen Weg aber ebenso ab wie das Anerbieten eines gewissen bei meinem Vater
einquartierten Herrn Bradier, eines berüchtigten Agenten des französischen Spitzel-

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