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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 54
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0056
Dieser Staat war nicht volkstümlich. Die junge Republik wurde von ihrem Bürger
nicht anerkannt. Die innere Bereitschaft zur Demokratie fehlte, weil es - wie Eschenburg
sagte - eine improvisierte Demokratie war, eine Demokratie ohne Demokraten.
Von links angegriffen, weil man von Räten träumte. Von rechts angegriffen, weil man
noch von der Monarchie träumte.

Und dieser so geschwächte Staat machte am Beginn eine Inflation mit, die ihn und seine
Bürger an den Rand des Ruins, des wirtschaftlichen Chaos brachte. Kaum war sie aufgefangen
, brach als neuer Keulenschlag die Weltwirtschaftskrise über die Republik herein
. Sie schuf neues Elend und schuf das Millionenheer der Arbeitslosen, der Unzufriedenen
, aus denen Rechts und Links ihre Kampftruppen mobilisierten. Ein Teller Suppe -
auch in der Lörracher SA-Küche - und ein paar Marschstiefel, dazu das Versprechen von
einer besseren Zukunft, das zog, das war wichtig und wurde gehört. Mitglied der SA
oder einer Rotfront-Organisation zu sein, bedeutete: Essen zu haben, nicht auf der Straße
zu liegen. Und es gab zudem eine lohnende Aufgabe: nämlich für sich und die Seinen
für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Diese bessere Zukunft wurde in eine magische Formel gebracht, eine Formel, die wiederum
den Deutschen ansprach. Es war die Formel vom »3. Reich«.

Damit sind wir bei der geistigen Situation angelangt.

Arthur Möller van den Bruck baute auf dem Autoritäts- und Glaubensbedürfnis der
Deutschen auf und schuf eben den Begriff des 3. Reiches. Mystische Vorstellungen von
»Führen und Folgen«, der magische Zauber des Wortes »Reich« mit einem fast sakralen
Klang, falsche Geschichtsdeutungen und Philosophie-Interpretationen wiesen den Weg
zum Menschen der Macht, der Unsterblichkeit, den Weg zum Ubermenschen. Und
schlicht stellte er fest,

»alles Elend deutscher Politik kommt von den Parteien«.
Und er träumte von einer

»Partei aller Deutscher, die Deutschland dem deutschen Volk erhalten wird«.
In das erschütterte Deutschland, durch Abtretungen zerstückelt, wirtschaftlich am Boden
, rief er:

»Der Name der deutschen Sendung heißt seit über 1000 Jahren »Das Reich«. Es
ist ein alter und großer deutscher Gedanke.

Es ist der Anbruch des deutschen Zeitalters, in dem das deutsche Volk erst seine
Bestimmung auf der Erde erfüllen wird.«
Hitler nahm diese Thesen begeistert auf, denn sie boten den geistigen Hintergrund für
seine Machtpläne.

Auch andere feierten die Hoffnung auf das neue Reich, auf einen Führer, der die Ketten
sprengt. Stefan George, der Boll der 20er Jahre, sang von diesem Führer:

»Der sprengt die Ketten, fegt auf Trümmerstätten die Ordnung, - geißelt die
Verlaufenen heim ins ewige Recht, wo Großes wiederum groß ist, Herr wiederum
Herr, Zucht wiederum Zucht - er heftet das wahre Sinnbild auf das völkische
Banner. Er führt durch Sturm und grausige Signale des Frührots seiner Treuen
Schar zum Werk des wahren Tages und pflanzt das neue Reich.«
Oswald Spengler sah in der neuen Republik ein Interregnum. Sie war als Demokratie
für ihn keine Staatsform, sondern eine Firma. Ähnlich urteilte ja auch Karl Marx über die
bürgerliche Regierung, die er eine Aktiengesellschaft nennt. Ein paar Zitate sollen die
Gefährlichkeit oder auch die Fahrlässikgeit dieser Intellektuellen zeigen, zu denen eine
Generation aufschaute:
Uber Weimar urteilte er:

»Aus Angst um Beuteanteil entstand in den Kneipen von Weimar die deutsche
Republik, keine Staatsform, sondern eine Firma. Wir haben kein Vaterland, sondern
Parteien. Wir haben keine Zukunft, sondern die Interessen von Parteien.«
Demokratie ist nach ihm

»eine Orgie von Unfähigkeit, Feigheit und Gemeinheit«.

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