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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 85
(PDF, 39 MB)
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auch eine kleine Einführung gegeben, gewissermaßen eine Art Vorbereitung auf mein
Gedicht, und habe es dann vorgetragen . . . und so habe ich auch den Preis errungen!«

Wenn Hermann Burte in unserem Kreise dann gefragt worden ist, wie er denn zu seinen
alemannischen Gedichten, zur »Madlee«, gekommen ist, erinnerte er an das Jahr
1905 in Paris, wo er im Luxemburg-Garten gewissermaßen vom Heimweh überfallen
und ähnlich wie Hebel dazu geführt wurde, das erste alemannische Gedicht zu schreiben
, dessen erste Strophe mit der Zeile endet: »Wenn I numme uf der Lücke war!« - Darauf
wurde der Dichter selbstverständlich gebeten, uns irgendeine Kostprobe seiner Gedichte
zu geben. Er hat dann kurz überlegt und begann mit sonorer, aber kraftvoller
Stimme sein Gedicht zu rezitieren: »Es rauscht ein Wehr. . .«. Das möchte ich Ihnen wenigstens
mit ein paar Strophen nun auch vortragen:

»Die teerdi Stroos isch heert wie Stai,

Do dönt e jede Schritt.

I wandre muederseelenellai:

Der Widerhall goht mit.

Es schiint kai liebe milde Mo,

Kai treui Durnuhr schlacht.

Vo wytem aber ruuschts eso

Verlore-n-in der Nacht.

Der Oberluft goht quellechüel
Vom Wälder her an Rhy.
Mi aber tribt en inner Gfüehl:
O's Haimweh so dalii -
Derhäre schwankt e Baselfuehr,
Der Wage gahrt und schlacht -
Jez blibt er stoh, un loos: e Wuehr,
Es bruuscht e Wuehr dur d'Nacht.

Das isch e Don, dä goht so Iiis,

So lind un ring ins Ohr -

Dä chunnt Aim wienen aldi Wiis

Us Chinderdage vor -

O Haimethland, o Jugedzyt!

Was Alles Aim verwacht,

Wenn so dur d'Stilli stundewyt

E Wuehr bruuscht in der Nacht . . .«
Wenn Hermann Burte dieses Gedicht vorgetragen hat, ist eine ungeheuere Kraft von
diesem Mann ausgegangen - er hat es selbstverständlich auswendig vorgetragen, völlig
unvorbereitet. Man konnte schon in diesem Gedicht erkennen, wie er als Dichter ans
Werk ging und worauf es bei ihm ankam - etwa in der sich häufig wiederholenden
Schlußzeile: »Es bruuscht e Wuehr dur d'Nacht«. Diese U-Laute, die er hier aneinanderreiht
, das war meines Erachtens ein besonderes Stilmerkmal seiner dichterischen Arbeit
. - Dann konnte Burte auch gefragt werden, warum er denn jetzt keine alemannischen
Gedichte mehr schreibe. Darauf antwortete er etwas sarkastisch: »Ach, es schreiben
schon viel zu viele in der Mundart!« - Das war eine Kritik an den Reimern und Spä-
ßemachern in Mundartgedichten: Burte konnte sehr hart sein gegen Halbheiten und
Schwachheiten. Ich mußte da immer an einen Freund denken, der mir einmal auf ein
Verschen, das ich ihm geschrieben habe, geantwortet hat: »Mein lieber Freund, laß Dir
berichten: Reimen ist nicht Dichten! Doch dichtet man zuweilen in gereimten Zeilen!« -
Das hätte auch Burte sagen können als Antwort an viele Dichterlinge, die eben so leichthin
ein bißchen Spaß machen mit unserer Mundart. Er wollte mehr als Unterhaltung und
Zeitvertreib, mehr als nichtige Beschreibung oberflächlicher Sachverhalte: Himmel, Er-

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