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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 121
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Sonntags. Das ist der Hintergrund für Luthers Schrift von 1538 »Wider die Sabbater«
(WA 50, 309-339). Darauf verfaßte ein jüdischer Anonymus eine Gegenschrift in Dialogform
. Graf Schlick schickte ihm diese am 18. Mai 1542 zu. Luther machte sich sofort
an die Widerlegung. Anfang Januar war sein Manuskript fertig. Es wurde sofort gedruckt
. Melanchthon kann bereits am 17. Januar 1543 ein druckfrisches Exemplar an
Philipp von Hessen schicken. Sehr schnell war eine 2. Auflage nötig. Justus Jonas lieferte
eine lateinische Ubersetzung. »Von den Juden und ihren Lügen« (WA 53, 417-552) geht
mit den Juden hart ins Gericht. Luther, der Gegner der Werkgerechtigkeit, ist erbost
über die jüdische These, daß Gott verpflichtet sei, den Messias zu schicken, um die Juden
für ihre Erfüllung des Gesetzes zu belohnen. Luther fragt: Warum hassen uns die Juden
so, wo sie doch von uns leben mit ihrem »Wucher«. Die Fürsten sollen ihnen ihr Wuchergeld
wegnehmen. Das beschlagnahmte Geld soll aber für jüdische Frauen und Kinder
und für Alte und Kranke verwendet werden. Auch bei etwaigen Bekehrungen sollen
Unterstützungen gezahlt werden. Die Juden sollen mit der Hand arbeiten im Dienst der
Christen. Der Stolz auf die Beschneidung ist hohl und leer. Denn andere Semiten haben
sie auch. Die Synagogen sollen wegen der darin vorgetragenen Lästerungen gegen
Christus angesteckt und, was nicht verbrannt ist, mit Schutt und Erde zugedeckt
werden. Die Fürsten sollen auf das Geld der Juden verzichten, da es ja ihren Untertanen
abgepreßt worden ist. Auch ihre Bücher sollen verbrannt werden. Wie sie aus Frankreich
, Spanien, Böhmen, aus Regensburg und Magdeburg vertrieben worden sind, sollen
sie auch anderwärts vertrieben werden, »da wir sie nicht mehr leiden können«. Die
Fürsten sollen eine »scharfe Barmherzigkeit« an ihnen üben. Die Schrift schließt mit einer
Schlußrede an den Grafen Schlick. In ihr ist der Wunsch Luthers ausgesprochen
: »Christus bekehre sie barmherziglich« (S. 552).

Oslander lehnte diese Schrift ab. Ebenso auch Zwingiis Nachfolger Bullinger. Die
Zürcher Geistlichkeit kleidete ihre Ablehnung in sehr drastische Worte. Allerdings muß
man sagen, daß die Reformatoren in der Schweiz sich nur theoretisch mit der jüdischen
Frage befassen mußten, da die Eidgenossenschaft keine Juden duldete.

Luther schickte eine weitere Schrift nach mit dem Titel »Vom Schern Hamphoras und
vom Geschlecht Christi« (WA 53, 579-648). Das Manuskript war am 7.3.1543 fertig und
am 28.3. der Druck. »Schern Hamphoras« soll auf der Bundeslade gestanden haben. Wer
sich diese Worte merkte bei einem Besuch des jerusalemischen Tempels, der vergaß sie,
weil zwei Hunde rechts und links am Portal ihn verbellten. Aber ein »Jesus« habe sich
die Buchstaben aufgeschrieben, sich am Bein eine Wunde gemacht und in sie den Zettel
versenkt. Nach Passieren der Portalhunde habe er die Wunde geöffnet und den Zettel
herausgeholt. Mit der Formel habe dieser Jesus alle seine Wunder vollbracht. Der zweite
Teil bringt eine Harmonie der beiden Stammbäume Jesu (Matth. 1, Lukas 3). Alma (Je-
saja 7,14) komme nur viermal im Alten Testament vor und bedeute immer Jungfrau, nie
junge Frau. Die Beleidigung Mariens als Hure und Jesu als Hurenkind müsse aufhören.
Aber leider hat Paulus mit seinem Gleichnis vom verdeckten Antlitz (2. Kor. 3) nur zu
recht. Am Schluß heißt es wieder: »Welche sich bekehren wollen, da gebe Gott seine
Gnade zu« (S. 648). Die Visitationen hätten viele jüdische Zauberbücher bei den Dorfpfarrern
zu Tage gebracht. Diese seien mit Recht verbrannt worden.

Wenige Tage vor seinem Tod, am 15.2.1546, hängte Luther einer Predigt in Eisleben
über Matthäus 11,25 eine »Vermahnung wider die Juden« an (WA 51, 195 ff.). Sie sollen
endlich Jesus als Messias annehmen und sich taufen lassen. Sonst könne man sie »nicht
mehr leiden«. »Wo sie aber sich bekehren, ihren Wucher lassen und Christum annehmen
, so wollten wir sie gern als Brüder halten.«

Das dauernde Angebot der Taufe zeigt, daß die Nationalsozialisten sich zu Unrecht
auf Luther beriefen für ihren Antisemitismus. Streicher wollte ja beim Nürnberger Prozeß
1946 aus diesen Lutherschriften vorlesen. Luther habe viel »Schlimmeres« über die
Juden gesagt als sein »Stürmer«. Die von Luther immer wieder verlangte Taufe lehnten
sie fanatisch ab: Jud bleibt Jud, war die Parole. Die Ablehnung der Juden war bei Luther

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