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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 133
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0135
Auslösender Faktor war die Geistesbewegung der Aufklärung, die in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts einsetzte und Europa erfaßte. Grotius und Spinoza in den
Niederlanden, Locke, Hume und Newton in England, Voltaire, Montesquieu und
Rousseau in Frankreich, Leibniz, Lessing und Kant in Deutschland waren die geistigen
Interpreten dieser Zeit und der ihr innewohnenden Strömungen.

Immanuel Kant, der große deutsche Philosoph, hat das Ziel dieser Geistesbewegung
vielleicht am besten formuliert. Er sah es in der Uberwindung der »selbstverschuldeten
Unmündigkeit«.

Ein Blick in diese Zeit, die wir auch das Zeitalter des Absolutismus nennen, macht uns
diese Unmündigkeit deutlich: der Mensch war geistig beherrscht durch die Kirche und
politisch versklavt durch den Monarchen. Und dagegen wurde nun Front gemacht.

Diese Front wird deutlich in der Flugschrift des bekannten Abbe Sieyes »Was ist der
dritte Stand?«, in dem politische Rechte für die Masse des Volkes gefordert werden, in
den Forderungen einer demokratischen Republik und im Abbau der Privilegien. Und sie
führte zur Revolution in Frankreich.

Die Wellen dieser Revolution brandeten über die Grenzen. Sie erfaßten zuerst Lörrach
und das badische Oberland, das Grenzgebiet entlang des Rheines.

Spürbar wurden nicht zuerst die Revolutionäre. Spürbar wurden die Opfer der Revolution
, der französischen Adel, der in unserem Raum, im markgräflich-badischen und
im österreichischen Territorium Asyl und Zuflucht suchte und sich hier sammelte.
Pfarrer Herbst notierte in sein Tagebuch im Februar 1791:

»Seit einigen Wochen ziehen scharenweise Franzosen ins Land, lassen sich nieder
in Lörrach, um Lörrach herum, in Kandern, in Schopfheim und am Rhein hin.
Sie geben täglich 10, auch 12 Batzen Kostgeld. Es sollen diese Leute die sogenannten
Aristokraten sein, welche die demokratische Nationalversammlung in
Paris und die ganze Konstitution wieder umstürzen und dem König zu seinem
vorigen Ansehen und Macht verhelfen wollen. Die Bürger, sowohl hier als überall
, sonderlich im Rebland, sehen diese Forderungen gar nicht gern und murren
laut darüber.«
Wenig später schreibt Herbst:

»Die aus Frankreich ausgewanderten Aristokraten - die Leute heißen sie die
Stockeraten - ziehen überall im Land herum, vertun entsetzlich viel Geld, führen
sich aber auch zum Teil sehr übel auf.«
Die Flüchtlinge wurden hier sehr zwiespältig aufgenommen. Gut, sie brachten viel
Geld und bezahlten recht gut. Doch andererseits befürchtete man, das gute Einvernehmen
mit dem Elsaß werde gefährdet. Die Bevölkerung stand auf Seiten der demokratischen
Revolutionäre und sah in den Flüchtlingen Verräter. Der Lörracher Landvogt
Reinhardt wandte sich mehrmals an die Karlsruher Regierung mit der dringenden Bitte,
diese Landplage auszuweisen. Der Markgraf zögerte lange, denn zu den Asylanten gehörten
Vertreter des höchsten Adels wie der Prinz von Conde, der Graf von Artois und
der Vicomte von Mirabeau. Im März wurden sie dann dennoch gezwungen, das Land am
Oberrhein zu verlassen.

Doch aufatmen konnte das Volk nicht, denn nun rückten kaiserliche Dragoner in Lörrach
ein, um die Grenze am Rhein zu bewachen. Verstärkt durch einige Kontingente von
Truppen des Schwäbischen Kreises, stand eine dünne Postenkette von Rheinfelden bis
Kehl entlang des Rheins. Da gibt es diese nette Anekdote aus dieser Zeit des Gegenüberstehens
der Wacht am Rhein, Gewehr bei Fuß: Der französische Posten ruft aus Langeweile
herüber: »filou, filou«. Der Schwarzwälder Posten antwortet: »halbe vieri«, in der
Meinung, er sei nach der Uhrzeit gefragt.

Doch lange währte diese ruhige Wacht nicht. Am 20. April 1792 erklärte Frankreich
Österreich und Preußen den Krieg. Lörrach wurde damit zum Aufmarschgebiet, zumal
der badische Markgraf sich mit Österreich und Preußen verband. Neben preußischen

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