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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 134
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0136
Kürassieren und ungarischer Infanterie war auch das französische Emigrantencorps des
Prinzen Conde in unserem Raum. Uber Schliengen, Hertingen, Tannenkirch rückten sie
in das Rebland ein. Unser Gewährsmann berichtet:

»Allgemein wird über sie geklagt, daß sie ungezogene, sittenlose, trotzige und
gefährliche Menschen seien, dafür« — und das spricht für den realen Geschäftssinn
der Oberländer - »sie aber auch alles zu entsetzlich hohem Preis zahlen müssen
. General Esterhazy soll ihnen gedroht haben, sofern sie nicht bessere Ordnung
hielten, sie auf einen Haufen zusammen treiben zu lassen und mit Kartätschen
unter sie zu feuern.«

Auch die Stunde von Valmy, in der Goethe sein berühmtes Wort sprach, wurde in
Lörrach verspürt. Wenn Goethe mit gewissem Stolz meint: »Ihr könnt sagen, ihr seid
dabei gewesen«, so stöhnten die Lörracher damals »wir haben gelitten«. Denn der Rückzug
der Koalitionsarmee gab das Land schutzlos dem Feinde preis, machte es auf Jahre
zum Besatzungsgebiet mit allen Lasten und Plagen, wie es diese Zeit kannte. Ständige
Einquartierungen, Angst vor drohenden Einfällen des Feindes, laufende Kontributionsleistungen
und immerwährende Kriegsfrohndleistungen waren die Merkmale dieser Zeit
in Lörrach.

Ich habe in der in Kürze erscheinenden Stadtchronik von Lörrach einige Zahlen zusammengestellt
. Allein in der ersten Phase dieser kriegerischen Auseinandersetzung von
1792 - 1798 war an Einquartierung in der Stadt Lörrach, die damals knapp zweieinhalbtausend
Einwohner hatte,

- 100 Kürassiere 264 Tage lang

- das ungarische Regiment Erzherzog Ferdinand mit 800 Mann 174 Tage lang

- 4 weitere Regimenter mit 16950 Mann 2 Tage lang.

Diese Truppen mußten in der Bevölkerung verpflegt werden. Der Tagessatz war dafür
genau vorgeschrieben an Wein und Brot für die Truppen, an Heu und Hafer für die Pferde
. Und es war ganz natürlich, daß in dieser ständischen Zeit der Offizier den 6fachen,
der Obrist den 12fachen und Generale den 24fachen Verpflegungssatz eines einfachen
Soldaten erhielten.

Das wurde auch in der zweiten Phase des Krieges bis 1816 nicht besser. An Weihnachten
1813, als Lörrach Hauptquartier des Generalfeldmarschalls von Schwarzenberg war,
verbrachten 9 Generale, 18 Obristen und 3850 Mann die Feiertage in der Stadt, und im
Januar waren auf den im Stadtarchiv erhaltenen Verpflegungslisten der Stadt der russische
Zar Alexander, der preußische König, der preußische Kronprinz, 18 Generale, 9
Oberste, 214 Offiziere nebst ihren Truppen enthalten. Allein in diesem Monat hatte die
ausgepoverte Stadt 161.646 Portionen Armeeverpflegung aufzubringen. Doch damit
nicht genug: die Stadt und ihre Bevölkerung hatte auch die Kerzen zur Beleuchtung, das
Holz zur Beheizung der Unterkünfte, das Schreibmaterial für die Schreibstuben, die gebrochenen
Achsen der Kanonen und der Bagagefahrzeuge zu finanzieren, ja sogar die
Stiele der Schaufeln und Pickel, die beim Schanzen zerbarsten.

Der damalige Lörracher Ratschreiber hat in einer ruhigen Stunde ausgerechnet, wieviel
Mann und wieviel Pferde dies wären, wenn alle am gleichen Tag in Lörrach gewesen
wären. Ich habe eine andere Rechnung aufgemacht: Pro Monat waren es 12.962 Einquartierte
und dazu 1.710 Pferde. Die heutige Lörracher Gastronomie würde aus den
Nähten platzen!

Doch gehen wir wieder zurück in die erste Phase. Lörrach und das Umland durchstanden
Sorgen und Nöte. Zum Schutz des Landes wurde eine Landmiliz aufgestellt, zu der
die 18-40jährigen Männer aufgeboten wurden. Es war ein wackeres Heer! Wir wissen ja
vom Jubiläum der Schützengesellschaft, daß die Lörracher alles andere als waffenfreudig
oder schieß wütig waren. Im Aufruf hieß es, daß die Männer

»sich mit gesamter Hand und in Verbindung mit anderen Gemeinden tapfer zur
Gegenwehr stellen sollten, wann etwa der Feind einen Uberfall machen würde.

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