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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 135
(PDF, 39 MB)
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Diejenigen, welche zurück bleiben, sollten als Vaterlandes Verräter angesehen
und behandelt werden«.
Unser Gewährsmann stellte bei der Aufstellung dieser Landmiliz unter einem Karlsruher
Offizier fest:

»Viele denken vor das Vaterland gut und sind zu allem bereit - mehrere aber denken
nicht also. Niemand hat zur Zeit Gewehr, niemand Pulver und Blei. Gott
weiß, wies gehen wird, wann bei einem Uberfall diese Mannschaft das Vaterland
verteidigen soll. Jedermann spricht mehr vom fliehen und flüchten, als vom stehen
bleiben.«

Die Lörracher Landmiliz erhielt Gewehre und Patronentaschen gestellt und machte
unter der Leitung ihres Hauptmannes, des Oberamtsschreibers Zindel, Exerzier- und
Schießübungen. Doch sie konnte die Franzosen nicht aufhalten, so wenig es die Schanzen
vermochten, die entlang des Rheines in Eile gebaut wurden.

Als die Franzosen bei Hüningen eine Schiffsbrücke bauten, war in Lörrach »traurige
Besorgnis und Kopfhangen«. An Silvester 1793, nach der Schlacht von Hagenau, treibt
die Angst die Lörracher in die Flucht. Alles drängte nach Basel, im Glauben, dort Schutz
zu finden. Dort war alles verstopft, Gasthöfe und Privathäuser überfüllt. Als der kaiserliche
General von Wolkenstein den Ubergang nach Basel sperren ließ, wandte sich der
Flüchtlingsstrom gegen den Schwarzwald. Ganze Familien zogen mit Sack und Pack los,
lediglich auf Grund von Gerüchten, die - so vermutet Pfarrer Herbst - von den Baslern
aus merkantilischen Spekulationen ausgestreut wurden, damit nämlich die Markgräfler
desto fleißiger mit ihren Früchten und ihrem Wein nach Basel fahren und dort Hab und
Gut um den billigsten Preis verkaufen.

Die Besatzungszeit brachte nicht nur Angst und Schrecken. Durch das viele Militär
kam eine große Menge Geld in Umlauf. Alles, was man zu verkaufen hatte, wurde man
gegen Bargeld, das bei den Truppen locker saß, los. Die ganze Löhnung der Soldaten
blieb im Land, und mancher Lörracher konnte alte Kredite abbezahlen. Doch unmerklich
stiegen die Preise für die Lebensmittel. Aus Angst und Furcht wurden nicht mehr alle
Felder bebaut; viele Feldfrüchte wurden von durchziehenden Truppen gestohlen wie
auch das Vieh aus den Ställen. Der Schleichhandel und der Schmuggel blühten, und Regierung
und Militärbehörden versuchten durch einen wohlorganisierten Spionagedienst
ihn mit drastischen Strafen zu unterbinden.

Als 1796 die Franzosen bei Kehl den Rhein überschritten, kam neues Unheil auf das
Oberland zu. Eine erneute Fluchtbewegung setzte ein. Basel und Riehen waren überfüllt
. Die Schweizer zeigten sich freundlich und verständnisvoll und gewährten bereitwillig
Asyl. Große Truppenverbände wurden im Rheinvorland zusammengezogen, um
wenige Tage später auf der Flucht erneut die Landschaft heimzusuchen. Artillerie und
Bagage zogen über Lörrach nach Säckingen und Waldshut. Die Fußtruppen zogen über
Kandern und Zell ins Landesinnere. Es kam auf diesem Rückzug zu großen Gewalttätigkeiten
. Es wurde geplündert und geraubt. In Lörrach wurden die Fuhrwerke der Bauern
abgefaßt, die vom Markt in Basel kamen. Mit Gewalt wurden die Pferde vor Kanonen,
Munitions- und Verpflegungswägen gespannt und gezwungen, tagelang zu transportieren
.

Und dann kamen die Franzosen. Sie waren friedfertig. Der französische Gesandtschaftssekretär
Bacher aus Basel begleitete sie und gab den Oberamtsbehörden die Zusicherung
, daß

»Personen, Eigentum, Religion und Landesverfassung ungekränkt sein und bleiben
sollen«.

Die französischen Truppen wurden freudig begrüßt. In der Landvogtei fand ein Begrüßungsdiner
mit den Lörracher Honoratioren statt, und am Abend war im »Hirschen
« Ball, bei dem durch den Tanz der französischen Offiziere mit den Bürgertöchtern
der Oberamtsstadt Lörrach der Freundschaftsbund geschlossen werden sollte. Anfangs
verhielten sich die Revolutionstruppen sehr gut. Ein Zeitgenosse berichtet, sie

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