Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 136
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0138
»waren zufrieden, wenn sie genug zu fressen und trinken hatten und kümmerten

sich sonst um nichts«.
Manche Oberländer dokumentierten ihre freundschaftlichen Gefühle durch das Tragen
einer blau-weiß-roten Kokarde und vertauschten ihre alemannische Kniehose mit
der langen französischen Hose. Im Burghof wurde ein Freiheitsbaum errichtet, und viele
meinten nun,

»jetzt würde alles revolutioniert und das Unterste zu oberst gekehrt werden«.
Doch dieses Signal der neuen Freiheit brachte keine Veränderungen der Landes- und
Regierungsverfassung im Oberland. Es brachte neuen Zwang und neue Belastungen für
Land und Leute, die so groß waren, daß der französische General Laval nach Paris melden
konnte:

»Wir haben den Untertanen dieser Gegend soviel genommen, daß ihnen nichts
weiteres übrig geblieben ist als ihre Augen, womit sie über ihr wirklich unbeschreibliches
Elend weinen mögen.«
Die Bevölkerung - oft an die 2000 Leute - wurde zum Schanzen nach Hüningen beordert
. Dort und auf der Schusterinsel wurden neue Befestigungswerke erstellt. Die
Frohnarbeiter wurden von den französischen Aufsehern

»regiert, tyrannisiert, geschimpft, geprügelt und schändlich mißhandelt; und
niemand muckst dagegen; jeder schweigt und beugt seinen Nacken demütig und
gehorsamst unter dieses eiserne Joch der längst erwarteten Freiheit«.
Wer zu spät zur Arbeit kam oder schlecht arbeitete, mußte Strafe bezahlen. Die Fröh-
ner mußten ihre Verpflegung von Hüninger Marketendern gegen teures Geld selbst kaufen
. Tagelang waren die Fuhrwerke der Brombacher, Tüllinger und Haagener Bauern
unterwegs, um unentgeltlich französische Transporte zu fahren. Die anfängliche Franzosenbegeisterung
schwand - wie der Steinener Pfarrer meldet - wegen der schweren

»Knecht- und Sklavenarbeit ohne ein Stück Brot zu bekommen«
sehr schnell.

In Lörrach war das französische Hauptquartier und ein starker Artilleriepark. In Binzen
war das zentrale Magazin, das die ganze Umgegend beliefern mußte. Die Zufuhren
ins Magazin waren so erheblich, daß die Straßen litten und die Gemeinden Haagen,
Tumringen und Hauingen wochenlang zu Straßenreparaturen herangezogen wurden.
Wurde zu wenig angeliefert, war mit Repressalien zu rechnen. Im Oktober 1796 drängt
das Lörracher Oberamt den Hauinger Vorsteher:

»Wenn nicht längstens bis 12 h wenigstens 80-100 Zentner Heu hier sind, so wird
ganz sicher die Fourage mit einem Militärcommando abgeholt werden«.
Der Lörracher Landvogt von Reitzenstein, inzwischen als badischer Gesandter in Paris
, beschwerte sich dort mehrmals über die Gewalttätigkeiten des französischen Generals
Tunk. Er macht es recht geschickt. Als 2000 Arbeiter aus dem Amt Rötteln gefordert
wurden, fragt er an, warum die schönen St. Blasischen Forste geschont werden. Auch
der Lörracher Kammerkonsulent Roth beschwerte sich oftmals über die Belastungen des
Lörracher Amtes. Als der Lörracher Hofrat Hugo französische Forderungen, die ihm
unbillig erschienen, ablehnte, erschien General Tunk in der Nacht mit über 20 Dragonern
in seinem Haus, traktierte ihn mit Faustschlägen, schlug seine Frau und ließ ihn zu
Fuß nach Hüningen ins Gefängnis schleppen. Roth, der gleichfalls verhaftet werden
sollte, gelang die Flucht nach Basel. Die französischen Dragoner besetzten die Kanzlei
und - so wird berichtet - fraßen sechs Tage und Nächte lang. Übrigens nicht allein!

Auch Lörracher »zehrten mit und freuten sich über den Vorfall und meinten, es
würden bald die übrigen Oberamtspersonen ebenfalls abgeführt und Freiheit
und Gleichheit eingeführt werden«.
Dieser Lörracher Vorfall war selbst dem Direktorium in Paris zu viel. Der General
wurde abgelöst und vor Gericht gestellt.

Der Waffenstillstand, den Baron von Reitzenstein mit dem Obergeneral Moreau in
Stuttgart schloß, barg schwere Bedingungen für das Land: 1.000 Pferde, 500 Ochsen,

136


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0138