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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 194
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0196
fromme Dr. Simon Sulzer. Dieser machte den Markgrafen in einem Schreiben vom 28. Februar
1556 auf die große Ähnlichkeit der Basler und der Augsburger Confession aufmerksam, so daß in
den obern Landestheilen die Reformation gleich von vornherein die Richtung gewann, welche die
Unterschiede der deutschen und der schweizerischen Confession als untergeordnet und unbedeutend
erscheinen ließ. Der Antistes der reformierten Basler Kirche erhielt von dem lutherischen
Markgrafen Karl den Auftrag, nicht bloß überhaupt ihm zu helfen in der Durchführung seiner reformatorischen
Absichten, sondern insbesondere den vier obern Dekanaten, Lörrach, Schopfheim,
Müllheim und Emmendingen, beständig als Generalsuperintendent vorzustehen. Er hat dieses Amt
neben seinem Basler Kirchenamt mit Einsicht und Liebe bekleidet. Simon Sulzer, aus dem Berner
Oberland gebürtig, war im Abendmahlstreit der Schweizer mit den Deutschen auf Luthers Seite getreten
, hatte aber dennoch 1548 eine Anstellung in Basel erhalten. »Die Basler Kirche, schon vor
ihm mehr für Luther's als für Zwingli's Lehrbegriff geneigt, erhob ihn 1553 zum ersten Prediger am
Münster...« (vgl. Vierordt, op. cit.). Am 1. Juni 1556 wurde schließlich die neue Kirchenordnung
vom Markgrafen Karl IL als »Markgräflich Baden-Durlachische Kirchenordnung« veröffentlicht.
Holtzmann kommentiert: »Damit war eine Gestalt der Reformation in Baden eingeführt, wie sie
der Lage des Landes, den Bedürfnissen der Einwohner und den nachbarschaftlichen Verhältnissen
mit der Schweiz angemessen war. Der überlutherische Eifer der Thüringer war abgewiesen und eine
Kirchenreform festgesetzt, welche sich im Verkehr mit der reformierten Weise der Schweiz nicht
von vorn herein verschloß«. Noch im selben Jahr wurde eine Gesamtkirchenvisitation durchgeführt
, die allorts begrüßt wurde. Nur eine einzige Gemeinde im badisch-markgräflichen Oberland
(Britzingen) hätte sich dagegen gestellt (und dies wegen des dort eingesetzten Geistlichen). Allerdings
»zeigen die Visitationsbescheide, daß in manchen Gemeinden noch einzelne Anhänger des alten
Glaubens waren, die hin und wieder den Gottesdienst störten« - so Albert Ludwig in seiner
»Kurzen Geschichte der Evangelischen Kirche im Großherzogtum Baden« (Karlsruhe 1918).

Wovon handelte die neue Kirchenordnung vor allem? Siegfried Heinzelmann faßt dies in seinem
Bändchen »Kirche zwischen Mannheim und Konstanz...« (Neuffen 2. Aufl. 1965) dahinaus zusammen
: »Sie handelte von der 'Lehr und Predigt', deren Inhalt der rechtfertigende Glaube ist. Die Prediger
mögen Tag und Nacht die Bibel studieren. Irrtümer der Auslegung sind im Sinn des Augsburgischen
Glaubensbekenntnisses abzuweisen. Die Taufe erfolgte grundsätzlich im Gemeindegottesdienst
. Es komme nicht auf die Menge der Zeremonien, sondern auf die trinitarische Taufformel an.
An jedem Sonntag haben die Pfarrer die Hauptstücke des Katechismus aufzusagen. In jeder Gemeinde
ist am Sonntagnachmittag eine Katechismuspredigt zu halten, an der das 'Junge Volk' teilzunehmen
hat. Wochenpredigten und gesonderte Beichtgottesdienste werden eingeführt ... Die
Abendmahlsfeier soll zeitlich so zusammengedrängt werden, 'damit die Kirch nit mit Verdruß über
die Zeit aufgehalten werde'. Am apostolischen Gebrauch des öffentlichen Gebetes wird festgehalten
. Im Gottesdienst tragen die Geistlichen den gewöhnlichen Chorrock, außerhalb soll die Kleidung
'ehrlich und gebührlich' sein____«

Das letzte (sechste) Kapitel der Holtzmannschen Ausführungen beschäftigt sich mit dem »Charakter
der Reformation in Baden und der Pfalz«. U. a. wird darin betont, daß man sich in der Gottesdienstordnung
bewußt »der schweizerischen Weise« angeschlossen habe. Der Calvinismus wurde
jedoch vermieden - »es wäre dies ein Abfall von der ursprünglichen deutschen Reformation« gewesen
. Er geht im folgenden auf die unterschiedlichen Fassungen der Augsburger Konfession ein.
Doch wollen wir hier nicht auf die Subtilitäten des Streites mit den sogenannten Weimarern Lutheranern
eingehen. »Diese überlutherische Dogmatik ist in Baden damals unterlegen« resümiert
Holtzmann, und: »Die Formel der badischen Kirchenordnung läßt die spitzen Unterscheidungen
beider Denkweisen (hinsichtlich der Vergegenwärtigung Jesu Christi im Brot und Wein) weg, und
spricht nur das aus, was beiden gemeinsam ist ... Das nämliche ist geschehen in der Ausgabe des
kleinen lutherischen Katechismus, der für die badischen Kirchen und Schulen veranstaltet worden
ist...«. Zusammenfassend meint Holtzinger am Ende seiner Ausführungen: »Die einige evangelische
Kirchen, welche im Jahr 1556 gepflanzt wurde, ist, nachdem sie durch die Besoderung in lutherische
und reformierte hindurchgegangen, als unirte wiedergekommen« (Unionsurkunde von 1821
unter Hebels Mitwirkung). So gesehen, gibt sich der Holtzmannsche Beitrag relativ modern, und
daß wir ihn mit älteren Parallelwerken ergänzten, war ganz im Sinn einer geschichtlichen Dokumentation
.

Helmut Bender

" Anmerkung: »richtig wäre: Inzlingen bei Lörrach«

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