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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 30
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0032
Von wievielen Narben hätte Europa, ja die Welt verschont werden können, wenn der
»Rufer Schickele« vor 50 Jahren gehört worden wäre!

Statt dessen hat ihn Unvernunft und teuflischer Machtrausch aus dem rechtsrheinischen
Teil seiner und unserer »Himmlischen Landschaft« vertrieben. Seine Bücher, die
er für den Frieden schrieb, wurden verbrannt.

Verehrte und liebe Freunde!

Aus Zeitgründen können wir die vielen Stationen auf dem Lebensweg Rene Schickeies
heute nur andeuten. Drei Städte - Straßburg, Berlin, Paris waren mitentscheidend, daß
aus ihm eine »Weltseele« wurde und er doch »kein Träumer« war. So nannte es Annette
Kolb, selbst deutsche Schriftstellerin und in guter Freundschaft mit Schickele viele Jahre
zusammen in Badenweiler.

Zwischen den beiden Weltkriegen hat Schickele unaufhörlich sich bemüht, die geistigen
Kräfte zu mobilisieren, um der gegenseitigen Zerfleischung Einhalt zu gebieten.
Noch 1937 macht er in dem Roman »Die Flaschenpost« seiner Seele Luft, indem »ein
Schiffbrüchiger verzweifelt hofft, daß seine Botschaft in der Zukunft einmal ankommt.«

Wie muß uns Heutigen das beschäftigen, die Botschaft des aufrichtigen Rufers, inmitten
der Jahre, in denen die Maginothnie und der Westwall erbaut wurden.

Fünf Jahre zuvor hat Schickele, wie er sich ausdrückte, gesehen, wie eine »mehrjährige
Sonnenfinsternis heraufzieht«. Wehen Herzens hat er Badenweiler 1932 verlassen und,
das furchtbare Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr erlebend, 1940 den Tod im Exil
in Vence bei Nizza erlitten.

Um die Zeit für die von den Sängern so gut umrahmte Feierstunde einzuhalten, beschränken
wir uns auf zwei Themen, zu denen unsere Rufer noch zu Wort kommen. Es
sind viel diskutierte, ja, sogar heute umstrittene Begriffe: Heimat und Frieden.

Zunächst zur Heimat:
Da wir alle unseren Johann Peter Hebel schon lange kennen und er, jahraus jahrein, besonders
mit seinen alemannischen Gedichten uns gegenwärtig ist, haben wir Beweis genug
, wie er Heimat verstanden hat und für sie eingetreten ist.

Rene Schickele hat in seiner Schrift »Erlebnis der Landschaft« zu Heimat folgendes
gesagt:

Wohin wir gehören, im höchsten wie im gewöhnlichen Sinne, was Heimat ist,
das wissen wir besser und um so mehr, als unser Horizont keineswegs im Umkreis
unseres Nestes beschlossen liegt.
In einer Gedenkenschrift zu Schickeies 100. Geburtstag schrieb Professor Storck vom
Deutschen Literaturarchiv in Marbach:

»Im Geiste Rene Schickeies, im Zeichen seines franko-germanischen Europäertums,
das sich überdies einer guten und bedenkenswerten, über Nietzsche und Heine bis zu
Hölderlin und Goethe zurückreichenden geistigen Tradition zurechnen kann, - in diesem
Geiste und Zeichen vermögen wir heute auch das, was uns »Heimat« heißt, neu und
nüchtern zu verstehen und zu erfahren.

Als Heimat verstehen wir also den Umkreis unseres inneren und äußeren Ursprungs
in einem, der immer eine kleine und eine größere Welt umfaßt, der niemals einschichtig,
sondern in Wahrheit vielschichtig ist, und in dem sich, wo er, äußerlich oder innerlich an
Grenzen liegt, wo er Menschen, Landschaften, Sprachen, Konfessionen, ja Völker begegnen
und ergänzen kann.

»Heimat« kann nur dann auch heute noch Geborgenheit vermitteln, wenn sie nicht
den Blick nach draußen verstellt, nicht die Offenheit für das Andersartige und für die
Welt.

Hierfür kann Rene Schickele, für Franzosen wie für die Deutschen, als ein anrührender
und durchaus gegenwärtiger Kronzeuge gelten.«
- Soweit Professor Storck -

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