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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 85
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deshalb unklar, ob Gerwig der Vertreter des Markgrafen in diesem Amt oder Amtsvogt
etwa über das Kleine Wiesental mit seinen Höhenorten gewesen ist. Das Wort »Waldvogt
« könnte möglicherweise auch die Bedeutung von Walt im Sinne von »Gewaltvogt«
gehabt haben und dann den höchsten Beamten als Vertreter der herrschaftlichen Gewalt
bezeichnen. Es gibt einen parallelen Begriff, den des Waltboten, der fürstliche Anordnungen
, Befehle, Gerichtsurteile an untergeordnete Stellen zu überbringen hat. Ob eine
solche Deutung für das Wort »Waldvogt« überhaupt in Frage kommt, ist ganz offen.

Dagegen tritt 1443 erstmals die Bezeichnung »Oberster Vogt" als Dienstbezeichnung
für Gerie v. Tegernau auf. Das bedeutet einmal, daß die Markgrafen sich selbst nicht
mehr als Vögte ihrer Schutzbefohlenen Klöster empfanden, zum andern, daß das Wort
schon einen Amtscharakter hatte und für die kleinen »Ortsvorgesetzten« allgemein gebräuchlich
war. Das Wort Vogt allein war ja ein alter Rechtsbegriff und blieb sinnvollerweise
den Vorsitzenden der Ortsgerichte. Uber längere Zeit ist daher die Unsicherheit
zu beobachten, wie man nun die Oberbeamten der herrschaftlichen Verwaltungsbezirke
nennen solle. Wir begegnen den Begriffen »Amtmann«, »Procurator« und erst später,
frühestens 1448, dem Titel Landvogt für Heinrich Reich v. Reichenstein. Es wäre noch
zu prüfen, ob auch seine Bestallung schon auf diesen Titel lautet.

Der Begriff Vogt wird aber allgemein noch in ganz anderem Sinn gebraucht, nämlich
als Rechtsbeistand oder Pfleger für Minderjährige - auch in der Form »Vogtmann« — und
sehr früh auch schon als Rechtshelfer und Beistand in allen Rechtsgeschäften von unverheirateten
und verwitweten Frauen. Noch in den Zeiten der Völkerwanderung kann davon
gar keine Rede sein. Es ist zunächst der Einfluß der Kirche, der diese Veränderung
der Rechtsstellung der Frau bewirkt hat. Aber wir müssen auch die Zeiten im Hochmittelalter
, das Aufkommen des Raubrittertums, Epochen zügelloser Gewalttätigkeit (Gewalt
geht vor Recht) sehen, um diese Entwicklung richtig zu werten. Als ein solcher
Vogt handelte der Junker Heinrich v. Hauenstein 1382, als er eine Urkunde in einem
Rechtsgeschäft einer damaligen Markgräfin siegelte.111 In der Schrift »Vom Oberamt
Rötteln zum Landratsamt Lörrach« wird dieser Junker v. Hauenstein als frühester bekannter
Landvogt genannt, wobei eine sonst sehr zuverlässige gedruckte Quelle benutzt
und deren Druckfehler auch abgeschrieben wurden. Leider sind in dieser vom Landratsamt
herausgegebenen Schrift auch phantasievolle, völlig falsche Darstellungen verschiedener
Ämter des historischen Oberamts gegeben worden, für das des Landvogts, des
Landschreibers und des Burgvogts, so daß hier eine Korrektur notwendig erscheint.

Das Amt des Landvogts

Nicht richtig ist zunächst die Darstellung in der oben genannten Schrift (S. 18 Z. 2.1),
daß die hachberg-sausenbergischen Lande 1503 an den Markgrafen von Baden-Durlach
gefallen seien. Damals waren die badischen Stammlande ungeteilt. Die neuen Oberen
Lande wurden auch nicht von einem Oberamt verwaltet, es gab außerdem das Amt Badenweiler
. Die Amtshoheit und die Gerichtsbarkeit waren auch keineswegs zusammengefaßt
. Außer der niederen Gerichtsbarkeit gab es eine Berufungsinstanz, das Landgericht
, das von 7 Urteilsprechern aus Ortsgerichten besetzt war und dem als Jurist der
Landschreiber angehörte. In sehr früher Zeit sind mehrfach Ortsvögte genannt, die
»Landgericht halten«. Die Frage ist, ob damals überhaupt schon Landvögte geamtet haben
, oder ob ihnen der Vorsitz im Landgericht damals noch nicht zustand, oder ob sie
einfach durch den ältesten rechtsprechenden Ortsvogt vertreten wurden. Daß solche
Dorfvögte »Landgericht hielten«, ist z. B. urkundlich belegt für die Jahre 1397 und
1464.121 Oberste Gerichtsinstanz war das Hofgericht, das allein auch über »Hals und
Hand«, also als Blutgericht urteilen konnte. Vollstreckt wurden die blutigen Urteile für
unser Gebiet auf dem »Kapf« vor der Burg Rötteln bzw. an einem der Galgen an den
Landesgrenzen.

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