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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 88
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0090
gesprochenen Geldstrafe. Deshalb war dieses Frevelgericht, zu dem stets die Bevölkerung
mindestens eines ganzen »Viertels« aufgeboten wurde, wenig angesehen, ja verhaßt
. Am bekanntesten ist dieses Gericht des Sausenhardter Viertels, das immer in Rändern
, nur ausnahmsweise an einem andern Ort gehalten wurde. Es scheint eine Art Polizeigericht
gewesen zu sein. Es dürfte für die Beschuldigten wohl auch »Fürsprecher«
(der Anwalt heißt im Bernischen heute noch Fürsprech) gegeben haben, aber wenn das
keine überzeugenden Freunde waren, sondern Berufsanwälte, dürfte das manchmal
auch teuer geworden sein.

Uns sind leider keine Untersuchungen über dieses Gerichtsinstitut bekannt. Wieviel
Fälle wurden an einem solchen Gerichtstag behandelt? Welcher Art waren sie? Gab es
ausführliche Zeugenverhöre? Wer war Kläger, wer sprach das Urteil? All dies sind u. W.
offene Fragen.

d) Der Renovator

Besonders wichtige Ämter waren die der Renovatoren. Sie mußten die hauptsächliche
Steuergrundlage, die Beraine, erneuern. Das bedeutete, daß die Bücher, in denen die verschiedenen
Grundstücke eines Gemeindebannes, einer Gemarkung nach ihrer Lage und
Nutzung beschrieben waren, von Zeit zu Zeit erneuert werden mußten. Vom Ertrag dieser
Grundstücke mußten bestimmte und genannte Abgaben entrichtet werden. Und
wenn man bei einer Erneuerung der Beraine Grundstücke nicht mehr identifizieren
konnte, weil kein Vorbesitzer mehr bekannt war, die Nachbarn links und rechts, oben
und unten (so waren sie beschrieben) inzwischen ganz andere waren, dann gingen sie
dem Berain verloren und somit der Herrschaft, die sie verliehen hatte (an Pächter). Es
waren »entfremdete« Güter, die in den Besitz früherer Pächter und allmählich in deren
Eigentum übergingen, damit aber der pachtgebenden Herrschaft, z. B. der Landesherrschaft
, also dem Markgrafen, keinen Ertrag mehr brachten.

Wenn also lange Zeit solche Beraine nicht erneuert wurden, hatten die beteiligten Bauern
viele Möglichkeiten, ihr Eigengut auf solche Weise zu vergrößern. Die Renovatoren
durften jedoch nicht nur die Beraine der eigenen Landesherrschaft erneuern, es bestanden
meist Vereinbarungen, diese Tätigkeit auch für Rechnung benachbarter Grundherren
adliger oder kirchlicher Art auszuüben. Das brachte natürlich zusätzliche Gebühren
, so daß geschickt und rasch arbeitende Renovatoren sehr gut auf ihre Rechnung kamen
. Man kann aber an der Zahl heute erhaltener Beraine feststellen, daß sie manchmal
in sehr großen Abständen erstellt wurden. Das kann verschiedene Gründe haben: Man
mag die Höhe der Kosten gescheut haben, geschickte Renovatoren bekamen viele Aufträge
von Nachbarn, es gab zu wenige oder zu wenig gute Renovatoren.

Ihre jeweiligen Helfer am Ort waren übrigens die Marcher, die Geschworenen bzw.
Mitglieder »des Gerichts«.

e) Der Landcommissar.

Dieser Dienst ist erst seit dem 30jährigen Krieg zu beobachten. Der Landcommissar
verkörperte die Polizeigewalt für eine Herrschaft, ein Dienst, der sich damals erst zu entwickeln
begann. Seine Aufgaben waren vielseitig. Er hatte die Straßen zu kontrollieren,
auch auf ihren Zustand, und ihm oblag es, deren Ausbesserung zu veranlassen. Er war
beritten, ihm unterstanden mit der Zeit auch berittene Hilfskräfte. Selber ständig unterwegs
, hatte er auch das fahrende Volk, Hausierer und Vaganten zu kontrollieren. Bei
dem Beruf »Hausierer« darf man für die damalige Zeit nicht die heutige, despektierliche
Bedeutung unterstellen. Viele der Waren, die sie vertrieben, waren anders gar nicht auf
den Dörfern zu bekommen, etwa Geschirr, Glaswaren, Kurz- und Krämerwaren, aller-

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