Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 141
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0143
Interessant, wie aus einer grafischen, planen Vorlage durch die Hand des Formschneiders
doch etwas Neues, eine große, plastische Figur entsteht, die eine ganze Reihe von
Änderungen aufweist und so einiges an Geschick und künstlerischem Umsetzungsvermögen
erkennen läßt, um ein klares Relief für eine praktische Gußform zu schaffen.
(Abb 1,2)

Unser »Mars« läßt sich auf eine andere Holzschnittfolge Burgkmairs, auf die »Sieben
Planeten« mit Saturn, Jupiter, Mars, Sol (Sonne), Venus, Merkur und Luna (Mond) zurückführen
. (Abb. 1,7) Sie stehen als Allegorien jeweils in den Bogennischen einer reichen
, prächtigen Renaissancearchitektur, von Jost de Negker meisterlich in Holz geschnitten
.

Der Gedanke, Sterne könnten unser Schicksal bestimmen, ist uralt. Er läßt sich von
den Babyloniern, Griechen, Römern hin bis ins Mittelalter, in die Renaissance, ja bis in
unsere Zeit verfolgen. '

Dabei werden Planeten zu Göttern erhoben und als Schicksalslenker auf bestimmte
Eigenschaften hin festgelegt, dazu im »Tierkreis« ihr »Tag-« und »Nachthaus« bestimmt
und so auch die Tierkreiszeichen mit übernommenen babylonisch-griechischen Deutungen
in das System einbezogen, in dem das Räumliche dieser Gestirne einfach in die
Fläche projiziert wird. Die Entfernung (Lichtjahre!), Masse und Größe bleiben völlig
unberücksichtigt.

Man kann dann mit Zirkel und Lineal angebliche Stellungen, »Constellationen«, der
Sterne zueinander konstruieren und daraus angeblich Geburt, Lebenslauf und Tod von
Menschen, Städten, Organisationen »erkennen«.

So hat Mars, eigentlich ein »böser, männlicher« Planet, als »Taghaus« das Sternbild
des Skorpions und als »Nachthaus« das des Widders. (Abb. 7) Beide treten am Sockel
auf, entsprechend dann auch bei Merkur, einem hermaphroditischen Planeten zwischen
Gut und Böse, rechts am Sockel mit den Zwillingen und der Jungfrau. (Abb. 8) Dieses
kulturgeschichtlich interessante Denken ist auf beiden Ofenplatten ohne Tag- und
Nachthaus-Sternbildzeichen übernommen worden. (Abb. 1,4,5) Es ist aber im gleichen
Sinne zu verstehen.

Für die damalige Zeit war also die Beschäftigung mit den Planeten, ihren Stellungen
und Einflüssen eine geheimnisvolle, wundergläubige Angelegenheit der Astrologie, die
damals wie heute jeder wissenschaftlichen Grundlage und jeder Realität entbehrt.

Da in der Folge auch Sonne und Mond als Planeten aufgeführt werden, ist das Weltsystem
des Claudius Ptolomäus (tl60) aus Alexandria gemeint, der die Erde noch für den
Mittelpunkt der Welt hielt. Die Kirche übernahm diese Lehre und behielt sie lange bei,
trotz der großartigen Entdeckung von Nikolaus Kopernikus (tl553), der sie erst kurz
vor seinem Tode veröffentlichte. Er berief sich als Zeugen auf Aristarchos (t230 v. Chr.)
von Samos, der schon damals die Sonne als Mittelpunkt unserer Welt entdeckt hatte, eine
Erkenntnis, die dann auch bestritten wurde und verloren ging.

Bei dem Holzschnitt »Mars« (Abb. 7) fällt sogleich im Vergleich mit unserer Platte die
normale Stellung des Schwertes in der rechten Hand auf, weil unser Meister diese Figur
spiegelbildlich verwenden mußte, um sie in Verbindung und in Symmetrie zu Justitia zu
bringen. Planet Mars ist hier als Allegorie räumlich mit aller anatomischer Sicherheit dargestellt
und in die ebenfalls perspektivische Architekturnische gesetzt. Alle Einzelheiten
werden grafisch elegant und sicher gebracht.

Dieses Blatt beweist im Helm und in der Panzerung Burgkmairs enge Verbindung zu
Augsburgs berühmtester Plattner- und Harnischmacherfamilie Helmschmied, für die er
eine ganze Reihe von Entwürfen zu kostbaren Rüstungen mit Raffinesse und Fantasie
anfertigte.Den Helm hat unser Meister etwas umgestaltet. Er entfernte das hohe, verzierte
, zylindrische Mittelstück und setzte dafür einen schmalen »Kronenring« mit vielen
gleichhohen Zacken ein, der, wie erwähnt, sich ähnlich im »Weißkunig« (1516) beobachten
läßt. Die lange, hohe Roßhaarmähne der Helmzier wird stark gekürzt, (Abb.
3) und die Fassung hierzu als doppelseitiges Volutenornament so angebracht, daß es vor-

141


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0143