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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 156
(PDF, 35 MB)
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Pferd und Wagen teuer, er kleidete sich mit sorgfältiger Eleganz und ging behend einher,
wenn er nicht im Trab vorbei sauste. Dabei war er frohmütig und heiter, man fühlte, wie
er das Leben genoß. Die Geschwister lebten höchst einträchtig, und von der Haagener
Station her kam täglich, bescheiden zu Fuß, der höchst wichtige Basler Schwager und
Associe, eine Hauptstütze des Geschäfts. So sah es damals in der Wiesentäler Industrie
aus, wir sahen ähnliches in Steinen und Maulburg, wo die Basler Herren zum Teil fest ansässig
waren, zum Teil den Sommer verbrachten, und drüben in Haagen, wo sie wöchentlich
mehrmals erschienen und wo der Vater meines späteren Freundes Hermann
Blocher die eine Fabrik leitete; ich habe ihn damals nicht gekannt. Aber in Brombach
hatte alles noch seine besondere Note, so sehr, daß ich mich nicht enthalten kann, die Familie
zu schildern, der ich nie näher getreten bin, so viele spätere Beziehungen immer
wieder an sie erinnerten. Da war noch kein Hasten und Stürmen zu spüren - es ist ja wohl
dann nicht immer so behäbig geblieben -, sondern es wurde ernsthaft, aber gemächlich
und erfolgreich gearbeitet.

Meinem Vater, von dem ich nun endlich erzählen muß, ging es nicht so leicht.

Es ist mir nicht gegeben, andere Menschen zu werten, und in mein Wertgefühl schleichen
sich gar leicht andere Empfindungen, besonders persönliche Anziehung, ein (Abstoßung
viel weniger stark). Aber das Vorhandensein von Werten zu spüren, ist mir
wohl nicht versagt. Meine Mutter vermochte es in hohem Maß, und von ihr wird es auf
mich übergegangen sein. Ihre Gegenwart ist bei allem, was ich aus der Jugend berichte,
als selbstverständlich vorausgesetzt; von ihr werde ich erst später reden. Sie hat ihre Kinder
nicht nur im Respekt vor dem Vater erzogen, sondern in unbedingter, leidvoller
Achtung seines Wertes. Ich sage nicht: Verehrung; das hätte einen kultischen Klang,
dem der Vater selber abgeneigt gewesen wäre.

Der Lebensgang des Vaters war schon vor meiner Zeit nicht ganz gewöhnlich gewesen
. Seine Familie gehörte zum Basler Handwerk; schon der Großvater hatte aber höher
gestrebt, von ihm hatte mein Großvater das Gut in Grenzach überkommen, das in der
Familie eine so große Rolle spielte, bis wir Urenkel es zu Anfang des Jahrhunderts preisgeben
mußten. Der »Großpapa«, wie er zum Unterschied vom mütterlichen »Großvat-
ti« für mich hieß, hatte eine schöne Frau aus einer »besseren Familie« geheiratet. Deren
Vater, den ich schon erwähnt habe und der eine höchst eigenartige Persönlichkeit war
(im Basler Jahrbuch sind Bruchstücke eines Tagebuchs publiziert, die einige Seiten, aber
nicht die merkwürdigsten, seines Wesens zeigen; es wird im Staatsarchiv verwahrt), war
kein leichtes Los beschieden gewesen, aber die Tochter muß eine besonders bedeutende
Frau gewesen sein, und sie genoß in ihrem Kreis eine wirkliche Verehrung, die mein Vater
teilte und die sich auf Großpapa Forcart erstreckte. Ich habe sie nicht mehr gekannt.
Man erzählte von ihrer Hausfrauenwürde, die auf meine, der Familie noch fernstehende
Mutter aus der Nachbarschaft schon großen Eindruck gemacht hatte, und erzählte davon
, wie sie jedes ihrer vielen, vielen Kinder seiner besonderen Art nach habe zu behandeln
gewußt; aber auch, wie sie mit ihren Söhnen gern etwa eine Zigarre rauchte. - Während
mein Großpapa zum z'Nüni ein Schöpplein schwarzen Fischtran zu sich zu nehmen
pflegte!

Von ihm hat Jakob Probst, sein Schwiegersohn, im Jahrbuch auf 1903 so reizvoll erzählt
, daß ich nicht auszuholen brauche, um den alten Ratsherrn zu schildern. Er war
schon zur Zeit meiner Geburt nicht mehr in der Regierung und war auch schon vor der
Verfassungsrevision von 1875 ausgeschieden; seine Fortschrittlichkeit war von der seiner
Söhne und Schwiergersöhne überholt worden. Im Jahrbuch ist wohl manches auch
überholt, was von der Herkunft der Familie berichtet wird, und Belege, wie die angeblich
aus Altdorf stammende Wappenscheibe in Grenzach mit dem fischschwänzigen Löwen
, der unser französisches Wappen als Helmzier krönt und auch von den Nürnberger
Imhof geführt wird, gelten heute nicht mehr viel. Schon J. Probst hat nicht recht daran
geglaubt, aber wie es heute scheint, ist unser Stamm in Basel erst seit Beginn des 16. Jahrhunderts
ansässig; mich selber kümmert seine Vergangenheit weniger als seine Zukunft,

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