http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-02/0102
»Mit dem heutigen Tage reiht sich Pfaffenweiler in den Kreis der Gemeinden ein, die
über ein eigenes Museum verfügen. Weitere Nachbargemeinden werden in der nahen
Zukunft sicher nachfolgen. Worin kann angesichts einer solchen Inflation von Heimatmuseen
der Sinn eines Dorfmuseums bestehen? Zweifellos nicht darin, das zu wiederholen
, was andere Institutionen bereits viel vollständiger und besser ausstellen. Mit Spinnrädern
und Dreschflegeln allein ist heute kein Hund mehr hinter dem Ofen hervorzulok-
ken. Wenn ein Museum in einem Dorf einen Sinn erfüllen soll, dann müssen sich seine
Planer darum bemühen, anstelle eines Kuriositätenkabinetts eine Einrichtung zu schaffen
, die der spezifischen kulturellen Situation am Ort Rechnung trägt. Dies haben wir in
Pfaffenweiler versucht. Aus diesem Grunde dürfen wir das Museum, das wir heute eröffnen
, ein Dorfmuseum nennen. Es erhebt den Anspruch, einen Spiegel der dörflichen
Kultur darzustellen. Es ist keine willkürliche und zufällige Versammlung von irgendwelchen
Gegenständen, keine Rumpelkammer für entbehrliches und funktionslos gewordenes
altes Gerät. Die bewußt ausgewählten und ausgestellten Objekte sollen mit
Kultur und Lebensweise der im Dorf lebenden Menschen in Zusammenhang gebracht
werden, sie müssen in die konkreten Bezüge zum historischen Alltagsleben in Pfaffenweiler
eingebunden werden. Nur so besteht die Chance, daß wir uns von den andernorts
gefundenen musealen Lösungen unterscheiden und ein Angebot machen, welches von
den Besuchern angenommen wird, weil es die Möglichkeit einer Identifikation mit dem
Gezeigten und didaktisch Aufbereiteten einschließt.
Das hunderttausendfach gelebte Leben in einem Dorf ist allerdings in sich derart komplex
, daß es in fünf Räumen eines kleinen Museums niemals auch nur annähernd adäquat
dargestellt werden kann. Dies gilt aber mehr oder weniger für jedes Museum. Keine
Ausstellung vermag ein vollkommen treues Bild der Geschichte - so wie sie wirklich gewesen
ist - zu vermitteln, wir können nur immer wieder aufs neue versuchen, uns so nahe
wie möglich an die historischen Realitäten heranzubewegen, um so wenig wie mög-
Haus Kilian Eckert im Ortsteil öhlensweiler, erbaut 1561, Aufnahme September 1983
Foto: R. W. Brednich
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