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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 50
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0052
Sulzburg angesetzten 18 Schutzjuden hingegen größtenteils in den umliegenden österreichischen
Ortschaften ihre Nahrung suchen müssen. Also ergibt sich eben daher, daß
mein Sohn in Vögisheim seine Nahrung so sicher als andere Schutzjuden, die sich bisher
ehrlich ernährt, erwerben könne, und die Müllheimer Juden von ihm niemalen einige
Last um so weniger zu befahren (befürchten) haben, da er sogleich bei seiner Verheiratung
nach den übergebenen amtlich certifizierten (bestätigten) Urkunden 600 Gulden
bares Geld, außer dem ihm von mir dereinst weiteres zufallenden Vermögen erlanget,
und wie ich meine Aussteuer ad 200 Gulden alle Stunde bar zu hinterlegen bereit bin, also
auch, die in dem Heiratsbrief von seinem Schweher (Schwager), versprochenen 400
Gulden nach den bekannten jüdischen Gesetzen und der in den Ehepakten enthaltenen
besonderen Bedingnis, es mögen aber auch seine Umstände noch so gering sein, vier
Wochen vor der Hochzeit ohnfehlbar ausbezahlt werden müssen.«

Abraham Weil erfleht den Markgrafen »fußfälligst«, seinem bereits 40jährigen Sohn
die »hohe Gnade zu seiner zeitlichen Versorgung fürstmildest angedeihen zu lassen«.

Es folgt von der Stadt Sulzburg (Unterschrift Amts-Schultheiss Volz) am 4. September
1771 ein Attest über die Vermögensverhältnisse Weil's und dessen Sohnes Moses Abraham
.

Am 14. Oktober 1771 ergeht auf das Gesuch Weils von der Kanzlei in Carlsruhe über
das Oberamt Badenweiler der folgende Bescheid:

»Insofern der um die Aufnahme in den Schutz nach Vögisheim supplizierende zweite
Sohn des Abraham Weil von Sulzburg namens Moses Abraham Weil keinen von Müllheim
weiter entlegenen Ort als Vögisheim ausfindig machen kann, so findet dessen Bitte
um Schutzaufnahme dermalen nicht statt, und hat ihm das Oberamt diese Resolution lo-
co bekannt zu machen.«

Das Bemühen Abraham Weils war also abermals umsonst gewesen. Für den schon
40jährigen Sohn bedeutete der ablehnende Bescheid aus Karlsruhe wohl den Verzicht auf
baldige Heirat und Gründung einer Familie. Was das Schicksal dieser Sulzburger Judenfamilie
Weil so besonders hart erscheinen läßt, ist, daß die jüdischen Glaubensgenossen
von Breisach wie Müllheim wesentlich zu der Ablehnung der Bittgesuche Abraham
Weils beigetragen haben. Daß die Vorgesetzten der in diesem Fall betroffenen Gemeinden
Breisach, Opfingen, Müllheim, Vögisheim gegen eine weitere Aufnahme von Juden
sich zu Wehr gesetzt haben, ist nicht etwa aus einem Judenhaß zu verstehen, sondern
vornehmlich aus den wirtschaftlichen Verhältnissen der damaligen Zeit zu erklären. Alle
genannten Orte waren überwiegend von landwirtschaftlicher Struktur, wenn auch in
den Städtchen sich der Fleiß von Handwerkern regte. Der Handel mit Vieh lag fast ausschließlich
in den Händen der Juden, die auch im Geld- und Kreditwesen eine ausschlaggebende
Rolle spielten. So ist auch die erwähnte hohe Verschuldung Vögisheim mit
10000 Gulden bei den Müllheimer Juden zu verstehen. Daraus wird aber auch die
schwierige wirtschaftliche Lage der Bauern ersichtlich.

Dennoch: Die damaligen Gesetze waren den Juden gegenüber sehr hart und, wie unser
Fall gezeigt hat, fast unmenschlich.

So hat auch der Oberamtmann von Rötteln, von Wallbrunn, den abschlägigen Bescheid
aus Karlsruhe gesehen. Besonders die mißgünstigen Einwendungen des Judenvorstehers
Joseph Meyer von Müllheim, die wesentlich zur Ablehnung Weils beigetragen
haben, veranlaßten ihn zu dem folgenden Brief an den Markgrafen:

»Euere Hochfürstlichen Durchlaucht geruhen aus angeschlossenen Supplicis sowohl
des Juden Weil von Sulzburg, als auch des Attestes des Amtschulzen Volz von dort, gnädigst
zu ersehen, mit welch unverschämten Unwarheiten der Judenvorsteher zu Müllheim
Höchstdieselben zu hintergehen sich erfrecht habe.«

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