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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 62
(PDF, 34 MB)
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nenwirt Grenacher gehört haben, der in den Revolutionsjähren 1848/49 die Bürgerwehr
angeführt hat. Beim Joner Paul wird er stets aufbewahrt, und nur am Mittfastensonntag
holt ihn alljährlich der Hisgir.

Jetzt ist er endlich ausstaffiert, auch den Säbel hat er in der Hand, und mit Schellengeläut
springt der Hisgir aus der Scheune auf die Straße, wo er mit lautem Jubel von den
kleinen Buben empfangen wird. Der Umzug durch das Dorf beginnt. Die größeren Buben
tragen die Körbe und Säckchen, in denen von Haus zu Haus Eier, öl, Anke (Butter)
und Mehl gesammelt werden, während die kleinen Buben aus Leibeskräften ihr Sprüchlein
schmettern:

»Hüt isch de Mitti, Mitti Faschte,
Mer muess im Hisgir Chüechli bache
Der Hisgir isch e völlige Narr
Er möcht gern Eier in Anke ha.
Mer hört de Löffel gahre,
Mer soll em Anke schare.
Mer hört das Messer giire
Mer soll em Speck abschnide,
Mer hört das Fässli rumple.
Der Hisgir soll uffgumpe!

Bei diesen Worten springt der Hisgir in die Höhe, daß die Glocken hell erklingen.
Dann fallen die Buben mit dem Sprechchor wieder ein:

Un wenn er (ihr) is keini Eier wann ge,
So mueß ich (euch) dr Hisgir d' Hüehner neh;
Holzschlegel über's Hus,
Dr Hisgir hockt im Hüehnerhus!

Ist ein Eierkorb, ein Schmalzhäfeli oder ein Mehlsäckli voll, so wird es gleich in ein
. schon vorher bestimmtes Haus - diesmal zu 's Steinebrunners - getragen, wo die Hausfrau
die gesammelten Gaben zu Chüechli (Fasnachtsküechli, Scherben) und »Eier in Anke
« verarbeitet.

Uberall wird der Hisgir mit seinen lustigen Sprüngen von groß und klein umjubelt,
nur den Maidli ist er nicht gut gesinnt, und mit lautem Gekreisch suchen sie vor ihm
Schutz. Vermutlich findet in diesem Gebahren der Kampf des Winters (Hisgir) mit dem
Frühling (Ufertbrut der Maidli) seinen Ausdruck. Auch die Kleinen fangen natürlich
mächtig an zu schreien, wenn dieser ungehobelte Geselle durch die Straßen und in die
Häuser zieht. Ist das ganze Dorf abgegrast, dann beginnt der Schmaus, bei dem sich auch
der Hisgir Luft machen darf und seinen Winterpelz, das Strohgewand, ablegt. Mit dem
Auswickeln des Hisgirs ist des Winters Macht endgültig vorbei.

Auch für die Teilnahme am Schmaus gelten genaue Regeln. So dürfen die kleinen Buben
bis ins dritte Schuljahr nicht mit hinein in das Haus zum Eier-in-Anke-Essen, aber
Küechli kriegen sie in Hülle und Fülle, und auch die Maidli bekommen davon. Ferner
gilt als ungeschriebenes Gesetz für die größeren Buben: Nur die Buben dürfen zum Essen
in das Haus, die ins 4. und 5. Schuljahr gehen und mindestens acht Wellen für das
Fasnachtsfeuer gemacht haben; ein Sechsklässler muß zehn und ein Siebtklässler zwölf
Wellen zum Fasnachtsfeuer aufbereitet haben.

Man kann sich vorstellen, wie es da in der Küche zugeht, wenn so viele hungrige Mäu-
ler auf Küechli und Eier-in-Anke warten. Bald sieht man auf den Dorf straßen überall die

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