http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0093
Kleinhüningen, einst ein lutherisches Markgräflerdorf, seit 1640 ein reformiertes Baslerdorf,
gezeichnet von Emanuel Büchel (in Daniel Bruckner: Versuch einer Beschreibung historischer
und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel, VI., Basel 1751)
Die Flüchtlinge und die Kleinhüninger Angelegenheit belegen eine lebendige Grenze.
Der Austausch schliff die schroffen Glaubensgegensätze ab. Die orthodoxen Theologen
beider Seiten konnten sich gegen die Alltagsbedürfnisse des Volkes nicht durchsetzen.
Aber Grenzen nivellieren die Gegensätze nicht nur, sie verstärken sie auch gleichzeitig.
Die reformierten Basler zeigten sich von anderen Gottesdienstformen fasziniert, seien es
nun katholische wie bei den Kapuzinern im solothurnischen Dornach oder lutherische
wie in Weil oder Grenzach. Es gab auch den Umkehrfall: an der reformierten Predigt interessierte
Markgräfler sind für Riehen ausdrücklich bezeugt. Mehr als die liturgische
Neugierde sorgte das praktische Leben für das Kennenlernen anderer Konfessionen. Badische
Kriegsflüchtlinge blieben in der Schweiz wohnen. Nach dem Westfälischen Frieden
(1648) zogen viele Eidgenossen in die verwüsteten deutschen Lande und ließen sich
dort definitiv nieder. Es waren, wie später bei den Auswanderern nach Amerika, nicht
immer die Frömmsten, und da sie oft überhaupt nicht zur Kirche gingen, blieb es gleichgültig
, ob das eine reformierte oder eine lutherische Absenz war.
Aber der Staat des 17. Jahrhunderts konnte das noch nicht auf sich beruhen lassen, zumal
der Gottesdienstbesuch eine obrigkeitlich verordnete Pflicht darstellte. Auch wurde
das Problem verschärft durch viele Heiraten über die Grenze. In Baden galten die Refor-
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