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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 102
(PDF, 34 MB)
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Anstalt zu gründen, gescheiten war, zog Haag sich zurück. Im Jahr 1856 trat er, wie andere
badische Erweckte schon vor ihm, zum Altluthertum über. Henhöfer selbst bezeichnete
sich auch als Lutheraner, stand aber durchaus auf dem Boden der Union.

Die zweite Strafversetzung betraf Carl Lorenz Peter (1812-1897) von Oschelbronn.
Nachdem ein Theaterbrand in Karlsruhe 1847 63 Tote gefordert hatte, hielt er, einem
Verbot zum Trotz, eine Bußpredigt, weswegen er die Hauptstadt mit Schallbach-Fischingen
zu vertauschen hatte. Dort blieb er bis 1853. Die Bauern besaßen für seine er-
wecklichen Predigten kein Verständnis, und die Kirche blieb leer. Mehr noch, als die offiziellen
Beziehungen es zeigen, verbanden die privaten mit Basel. Peter heiratete - und
er ist darin kein Einzelfall - in das Umfeld des »frommen Basel« hinein. Seine erste Frau,
Emma Bindschedler (t 1853), war die Tochter eines aus Männedorf im Kanton Zürich
stammenden und in Haagen wirkenden Fabrikanten. Vor allem nach Badens Beitritt
zum Deutschen Zollverein (1835) erfolgte die Industrialisierung des Wiesentals, nicht
zuletzt von Basel aus und mit dem Geld der erweckten Kreise. Der Ratsherr, Regierungsrat
und praktische Sozialethiker Karl Sarasin (1815-1886), ein Mann aus dem Kreis
um Adolf Christ und auch ein typischer Repräsentant des »frommen Basel«, besaß beispielsweise
in Lörrach eine Fabrik. Catharina (= Trinette) Bindschedler (1825-1879), die
Schwester Emmas, versah seit 1852 den Dienst als erste Oberschwester der damals neugegründeten
Diakonissenanstalt Riehen. Viele Schwestern dieses Mutterhauses kamen
aus dem badischen Oberland. Das Spital der Diakonissen spielte lange Zeit im Leben und
Sterben der Markgräfler eine wichtige Rolle.

Kehren wir zu Carl Peter zurück. Im Jahr 1848 steckten ihn die Revolutionäre ins Gefängnis
Lörrach. Trotz der erlittenen Unbill hing Peter als Mann der Erweckungsbewe-
gung selbstverständlich an der überlieferten Ordnung und der von Gott eingesetzten
Obrigkeit. Der Badische Aufstand provozierte denn auch eine auf kirchlich-theologischem
Gebiet spürbare konservative Reaktion: die Kirchenregierung kam vorübergehend
zwar nicht gerade in die Hände der Frommen, aber doch in diejenigen einer zwischen
den Parteien vermitteln wollenden Gruppe unter dem Heidelberger Professor
Karl Ulimann (1796-1865, 1853 Prälat und Mitglied des Badischen Oberkirchenrates,
1856 Direktor des Oberkirchenrates, 1861 pensioniert).

Trotz dieser Wende trat Carl Peter 1853 als Comitemitglied, Reiseprediger und Lehrer
in den Dienst der Basler Mission. In seiner zweiten Ehe heiratete er (1856) die Tochter
des Pfarrers Simon La Roche (1786-1861) zu Basel-St. Peter, Mitgründerund einige Jahre
Präsident der Missionsgesellschaft. Als 1860 das neue Basler Missionshaus feierlich
eingeweiht wurde, hielt Peter die Festpredigt. Nach zehnjährigem Wirken in Basel ging
er aber zurück in den badischen Kirchendienst und wurde als Nachfolger des verstorbenen
Henhöfers Pfarrer in Spöck-Staffort, wo er den berühmten Christoph Blumhardt
(1842-1919) zu seinem Vikar hatte. Als Kirchenrat führte Peter die kirchliche Rechte in
Baden; daß sie - seit einem Streit um eine angeblich katholisierende neue Agende (1855) —
nach der neuen Kirchenverfassung von 1861 wieder in Opposition stand, trug er gefaßt.
Er fand, es sei gut, wenn die Positiven in der Minorität seien, da so augenfällig würde,
daß die Kirche Kreuzesgestalt trage. Damit lehnte er Auswege Richtung Freikirche im
allgemeinen oder Altluthertum im besonderen ab.

Karl Köllner in Sitzenkirch

Mit Christoph Blumhardt schließt sich ein Kreis. Sein Großvater mütterlicherseits,
Karl Köllner (1790-1853), von Beruf Kaufmann, erwarb 1822 in Sitzenkirch bei Kandern
das ehemalige Nonnenklösterlein. Er richtete darin eine Anstalt für die Erziehung von

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