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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 103
(PDF, 34 MB)
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Judenkindern, dann - nachdem diese nicht florierte - ein Rettungshaus für verwahrloste
Christenkinder (1825), aus dem sich eine Art Pensionat entwickelte, ein. In ihm hielt
sich von 1837 bis 1839 Trinette Bindschedler, die spätere Riehener Oberschwester, auf.
Köllner amtete von 1839 bis zu seinem Wegzug 1845 als Bürgermeister von Sitzenkirch.

Sein aus Eisenach stammender Vater, der Pfarrer Wilhelm Köllner (1760-1835), gehörte
in die Umgebung der Christentumsgesellschaft. Spittler hatte den Pensionierten
1818 als »Leiter der Sonn- und Donnerstägigen Erbauungsversammlungen« nach Basel
berufen, eine Aufgabe, die er bis 1825 versah. Dann zog er zum Sohn nach Sitzenkirch,
wo er starb. Der mit der Kantonstrennung endende Bürgerkrieg zwischen Stadt und
Landschaft Basel (1833) war da und dort als Zeichen der Endzeit verstanden worden. Eine
sich um den ehemaligen Seidenweber Johann Jakob Wirz (1778-1858), einen theoso-
phischen, sich selbst als Bringer eines Zeitalters des Geistes betrachtenden Sektierer,
scharende Gruppe - zu ihr gehörte der erwähnte Friedrich Lachenal — zog unter diesem
Eindruck von Basel nach Sitzenkirch. Dort beschäftigte man sich mit Somnambulismus,
Hellseherei und ähnlichem. Auch der Pfarrer von Obereggenen tat da mit, jedenfalls solange
, als sich die ganze Sache nicht gegen die Kirche richtete, was aber nach dem Tod
Wilhelm Köllners der Fall war. Erst 1836 trennten sich die Wege von Wirz und Köllner
junior. Johanna Dorothea (= Doris) Köllner heiratete 1838 in Sitzenkirch den durch sein
nachmaliges Wirken in Möttlingen und Bad Boll berühmten Johann Christoph Blumhardt
(1805-1880), von 1830 bis 1837 Lehrer der Basler Mission. Ihr Bruder Nathanael
Köllner (1821-1873), später Propst in Berlin, diente von 1852 bis 1857 der mit Henhöfer
evangelisch gewordenen Gemeinde Mühlhausen als Pfarrer. Schon unter seinen Vorgängern
dort finden sich Leute mit Beziehungen zum Schweizer Pietismus: Kaspar Schlatter
(1796-1862) aus St. Gallen, ein Sohn der bekannten Pietistin Anna Schlatter, geb. Bernet
(1773-1826), kam 1823 als Nachfolger Henhöfers nach Mühlhausen. Vielleicht hatten
ihm die Kontakte seiner Mutter zu seinem Vorgänger diesen Weg geöffnet. Später wirkte
er als Pfarrer in Niedereggenen und Wittlingen. Ebenfalls Pfarrer zu Mühlhausen wurde
(1830) Johann Ludwig Hager (1802-1840), ein Schwager des Basler Missionsinspektors
Joseph Friedrich Josenhans (1812-1884). Sein Vikariat hatte Hager bei Henhöfer absolviert
.

Das Beispiel von Schlatter zeigt, daß sich nun wieder Schweizer als Pfarrer im badischen
Kirchendienst befanden, und zwar nicht am Karlsruher Hof, sondern auf den
Dörfern, und das sogar - wie vor 250 Jahren - im Markgräflerland: Union und Erwek-
kungsbewegung hatten es möglich gemacht. Es ist schon darauf hingewiesen worden,
daß der Union ein lutheranisierender Zug innewohnte. Vereinfacht gesagt: Zwingli den
Liberalen, Luther den Erweckten, allerdings ging es um ein ganz bestimmtes Lutherbild.
Jedenfalls besaß die Arbeit in einer unierten Kirche für fromme Theologen aus der
Schweiz eine gewisse Attraktivität. Der erwähnte Pfarrer von Obereggenen kam von Basel
: Johann Jakob Schneider (1797-1859), später auch in Tüllingen, Feldberg und Betberg
tätig, bekannt als Verfasser des 1841 in Lörrach erschienenen Buches »Das Badische
Oberland«. Auch ein anderer Sohn des als Buchdrucker des Basler Pietismus bekannt gewordenen
Felix Schneider (1768-1845) wirkte im Großherzogtum: Johann Werner
Schneider (1795-1870) war Pfarrer in Hasel und Otlingen. Selbst der Großvater Karl
Barths (1886-1968), der orthodoxe spätere Pfarrer zu Bretzwil und Basel-St. Elisabethen
, Karl Sartorius (1824-1893), vikarierte während der Revolutionszeit in Weitenau
und Weil (1847-1849). Die Erweckten teilten allerdings die Sympathie vieler Schweizer
für den badischen Umsturz nicht.

In jener Zeit entstanden im Markgräflerland Gemeinschaften, zum Beispiel diejenige
von Weil (1849). Sie stand in Beziehungen zum Basler Missionshaus und zur seit 1716

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