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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 111
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0113
Die Französische Revolution und das Dreiländereck

von Paul Rothmund

Vortrag von Paul Rothmund bei der deutsch-französischen Gesellschaft in Lörrach im April 1984

Im ersten Vortrag dieses Zyklus, den die Lörracher deutsch-französische Gesellschaft
durchführte, meinte mein Kollege, es sei üblich, daß der Referent sich erstmals über die
Bedeutung seines Themas auslasse. Es gibt aber noch eine zweite Form, ein Referat einzuleiten
, die genauso verbreitet ist, indem man sich nämlich auf einen der Großen der
Weltliteratur oder der europäischen Geisteswelt beruft. Und so will ich es heute halten.
Die Auswahl fällt dabei wahrlich nicht leicht: Kant, Hölderlin, Herder, Schiller, Wieland
, Kleist und Goethe waren - um nur ein paar wenige zu nennen - Zeitgenossen, waren
Augenzeugen dieser Epoche, waren von den Ereignissen in Frankreich betroffen,
beeindruckt, erschreckt, begeistert und erschüttert.

Meine Wahl fällt auf Johann Wolf gang von Goethe. Bei der Kanonade von Valmy im
Jahre 1792, als die Koalitionsarmee dem französischen Revolutionsheer gegenüberstand
, erklärte er:

»Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr
könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.«

Ich will noch ein zweites Zitat an den Anfang stellen. Auch dieses Zitat stammt von
einem Zeitgenossen und einem Augenzeugen. Der Urheber ist weniger berühmt. Doch
er steht uns hier in Lörrach näher.

Es war Philipp Jakob Herbst, von 1790-1800 tagebuchschreibender Pfarrer von Steinen
. Wenige Jahre nach Goethes Ausspruch auf dem Schlachtfeld notierte er auf sein Folioblatt
kurz vor der Errichtung des Freiheitsbaumes im Lörracher Burghof:

»Die Armen, sonderlich die liederlichen Armen, zum Teil auch Reiche, freuen
sich sehr auf die Franzosen und äußern ihre Gedanken öffentlich. Sie erwarten eine
gänzliche Umänderung der Welt und meinen, die Armen bekämen nun große
Bauernhöfe, die Reichen würden ihre Taglöhner.

Sonderlich viel wird den sogenannten Herren im Land das Los übel gelegt. Sie
sollen abgeschafft und das Land durch badische Sansculotten oder vielmehr gar
durch niemanden regiert werden.«

Hier der Eindruck des biederen Landpfarrers, den die Sorge um seine Gemeinde plagt.
Dort das Gefühl des weltmännischen Staatsministers. Beide spüren, daß eine Ära beendet
ist, daß sich eine Wende anbahnt. Beide merken, daß die Welt, zumindest aber ihre
Umwelt, sich im Umbruch befindet durch diese Revolution, durch diese Ereignisse in
Frankreich.

In Frankreich war im Sommer 1789 der jahrhundertealte klerikal-feudale Ständestaat
zerbrochen, hatte einem bürgerlichen Gleichheitsstaate Platz gemacht. Kollege Schubring
hat dieses Drama in mehreren Akten deutlich gemacht. Zuerst der Sturz des absoluten
Königtums und die Errichtung der konstitutionellen Monarchie. Die Führer waren
Männer aus dem liberalen Adel: Graf Mirabeau, Marquis Lafayette, Herzog von Orleans
. Ihr Werk wird beseitigt vom Mittelstand, der die Republik aufrichtet. Anwälte und
Schriftsteller standen an der Spitze: Danton, Robespierre, Brissot.

Diese Revolution war ein Bruch, ein gewaltsamer Bruch mit der Vergangenheit von
über 1000 Jahren. Die Relikte des Germanisch-Mittelalterlichen wurden ausgerottet.

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