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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 134
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0136
In Freiburg selbst sind wir ein Grenzland - offen gegen den Westen, frei ausatmend gegen
den Süden [das Markgräflerland, seine engere Heimat] ... Wir sind nicht gewandt,
nicht wendig, wie das sich an den Grenzen wohl entwickelt. Wir sind schwerflüssig,
nicht geschickt... Es gibt dann die vielen Sonderentwicklungen des Temperaments und
die Labilen ...«. Das alles sind wohlüberlegte Worte, erfahrungsreich, schlicht und spezifisch
dahergesagt. Der Alemanne Stroomann ist unverkennbar und unverwechselbar.
Hübsch liest sich u. a. auch in den Skizzen »Badisch-Schwäbisch«, worin es da heißt:
»Als ich Ostern 1913 mich bei dem Münchener Kliniker von Romberg vorstellte ... sagte
er zu meiner Überraschung: Gott sei Dank sind Sie ein Badener, also Grenzland und damit
gewandter als die Bayern und Württemberger ... Romberg war soeben von Tübingen
nach München umgezogen ... Mit solchen landschaftlichen Kennzeichnungen wird man
in der Wissenschaft sehr vorsichtig sein müssen. Aber die prägende Kraft Tübingens
scheint mir ... doch eine besonders starke zu sein. Romberg selbst war begeisterter Berliner
... Echte und außerordentliche Württemberger waren der Oberarzt Professor
Schlayer und Professor Hermann Straub ... Für meine Freiburger Liberalität war der
Zusammenhang noch wenig gelungen ... Es sei schwer, mit Schwaben locker zu sprechen
... Die Schwaben seien hochbegabt, aber ihre Reaktionslage sei zu empfindlich ...
Diese Tischgespräche hatten therapeutischen Erfolg. Man begann näher zu sprechen
...«. Eine nicht zu übersehende Dokumentation badisch-württembergischer Verhältnisse
, noch im Zeitalter des Königreichs und des Großherzogtums. Man erinnere sich:
Schiller in Weimar oder Hölderlin in Homburg vor der Höhe. Doch nochmals Stroomann
: »Man möge nur einem Badener erlauben, daß er sich ein wenig zu behaupten versucht
gegen die extreme Tüchtigkeit der Württemberger ... In diesem Lande Württemberg
- bleiben wir beim Geistigen - sind die großen Wunder hervorgegangen ...« Die
Anerkennung in Ehren - man wird sie anerkennen müssen, gleich ob vom badischen
oder vom württembergischen oder noch besser vom badisch-württembergischen Standpunkt
aus -

Kulturgeschichtlich geistreich geben sich die Bemerkungen und Erinnerungen »Von
Ärzten und Patienten« (innerhalb des Hauptstückes »Als Arzt in einer kranken Welt« -
Teil II des Notizbuches). Hieraus nur einige aphoristische Kürzungen: »Der Kassenarzt
muß Mengen bewältigen, Nummern und Scheine zu häufen verstehen. Er hat keine Zeit.
Aber was er an Interesse in den kurzen Augenblicken ausströmen und schenken kann, ist
oft erstaunlich ... Das Interesse beurteilt der Patient zunächst nach dem 'gründlichen
Untersuchen'. Der Laie wertet es nicht, wenn ein großer Kenner das Herz sofort erfaßt
und bloß 'hinzuhorchen' braucht ... Zum Aufbau der modernen Diagnose gehört ein
sehr sachlicher Dritter: das Laboratorium und die Apparatur [immerhin vor Jahrzehnten
gesagt] ... Man behandelt als Arzt nicht nur den Kranken, man behandelt mit allem, was
man sagt und veranlaßt, seinen Umkreis Leben. Je bekannter der Patient ist, desto grösser
und vielfältiger streuen die Wirkungen. Ist es ein Filmstar, so gerät der Arzt in das
Nervennetz der zitternden Leinwand. Ist es gar ein Mann des Staates, so ist er in die abgrundtiefen
Gefahren der Kontinente versetzt ...«. Stroomann berichtet in knappen,
aber zutreffenden Sätzen von Avicenna (arabischer Mediziner und Philosoph, 980 -
1037) und von Johann Friedrich Struensee (Leibarzt der dänischen Königin im 18. Jahrhundert
- »er durchlief somit alle ärztlichen Gefahren bis zur Hinrichtung auf Betreiben
der Hofkreise«). Mehr aus der Praxis rühren dann die Aufzeichnungen »Der ärztliche
Rat:« knapp formulierte Ereignisse aus eigener Praxis; ähnlich die »Erlebnis-Zettel« des
Kapitels »Im Spital«, so etwa: »Eine provisorische Unterbringung, alles ist überfüllt. Alles
ist krank. Jedes Bett wird ausgerechnet, wann es frei ist, muß erobert werden. Eine
kranke Macht ist jedes Bett.« Dabei handelt es sich um Erfahrungen aus Stroomanns

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