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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 151
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0153
s griift eins ins ander, wunderbar,
Natur un Firmament«.

Aus dem Kleinen ins Große, aus der Heimat in die Weite geht der Gedankenflug des
Bergbauern Niefenthaler. Welt und Gott verdichtet er in einem unglaublich zarten und
unglaublich schönen Empfinden.

Daß er dieses Empfinden andern weitergibt mit seinem oft liedhaft frischen, oft grob
zugehauenen und eigenwilligen Vers-Strophen, das ist das Wesentliche an der »Kunst«
Ernst Niefenthalers. »Kunst« muß hier in Rufzeichen gesetzt werden, der »Buuredich-
ter« hat sich selbst nie als Künstler betrachtet. Ihm ist in allem, was er uns schenkte — der
eine oder andere Hebelprolog vielleicht ausgenommen — das Wort stets wichtiger gewesen
als die Form. »Kunstwerke« wollte er nicht schaffen, er wollte etwas »sagen«.

»S isch mer eifach eso zuegfloge!« konnte er erzählen, nie hat er das große Staunen verleugnet
über die Kraft, die ihn — den einfachen Bauern — fähig machte, seine Empfindungen
zu gestalten und weiterzugeben. Bei allem äußeren Erfolg, der seinem Schaffen
zuteil geworden ist: Hebelplakette, Ehrenbürgerschaft und hohe Anerkennung, hat er
nie verhehlt, daß er seine Gabe als Geschenk ansieht, nicht als eigenes Verdienst.

»Was bruuch i denn e Hufe Geld,

e Name vor de Lüt?

i bin nit ewig uf dr Welt,

un mitneh chan i nüt«.

Wer mit Ernst Niefenthaler leben oder auch nur freundschaftlich zusammenkommen
durfte, weiß, daß seine Bescheidenheit echte Bescheidung war, kein Deckmäntelchen für
eine versteckte »Ehrenkäsigkeit«, wie man sie nicht selten auch bei Dichtern findet.
Niefenthalers Wesen war durch drei Eigenschaften besonders geprägt: er war demütig,
tapfer und grundehrlich. Diese Eigenschaften sind in sein Werk eingewoben und machen
zusammen mit der tiefen Liebe zur Natur und zu den Menschen, die ihm nahestanden,
den Reiz seiner Gedichte aus.

Der Bauerndichter sah sich als » Lehrbueb« des Meisters Johann Peter Hebel, dem seine
große und nie angefochtene Verehrung galt. Zweifellos ist er seinem Vorbild von allen
Dichtern im Oberland auch am nächsten, ohne jedoch ein »Nachahmer« zu sein. Es besteht
ein weiter Unterschied zwischen dem hohen Kirchenfürsten Hebel, der in der
Karlsruher »Verbannung« seine alemannischen Gedichte schuf als Ventil für seine aufgestaute
Sehnsucht nach einem einfachen Leben und nach dem Land seiner Kindheit, und
zwischen dem »zfridene Wälderbuur«, der hinter dem Pflug auch dem geistigen Ackerboden
auf den Grund ging und seine einfachen und darum auch so grundsätzlichen Gedanken
zu Papier brachte. Homerische Versmaße oder Goethesche Wortbauten, die
man bei Hebel findet, brauchte Ernst Niefenthaler nie. Was sie aber beide verbunden hat
und über Zeit, Raum und Bildung hinweg immer verbinden wird, ist die Liebe zur Heimat
und zu ihrem Schöpfer. Sie war und ist zugleich Liebe (und damit Stolz) zur eigenen
Art, deren Quelle und Brunnen sie in der gemeinsamen Muttersprache, der alemannischen
Mundart, fanden. In seinem ersten Prolog zu einem Hebelfest (1929) schrieb Niefenthaler
:

»So, Fründ, jet rot emol her un hi,

was wird denn das für e Brünndli sii?

Es isch üse Hebel, sii sehe räch Gmüet

un das was er gschribe in Gschichtli un Lied . . .

ne herzerfrischend un lebig Brünndli,
so urchig, so klar un so unergründli!«

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