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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 157
(PDF, 34 MB)
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sich wegen seiner Sprache, offenbar besonders wegen seiner Dialektsprache, und wegen
seiner beruflich bedingt unansehnlichen Kleidung nicht mehr diskriminieren zu lassen.
Den ganzen Wortlaut dieser programmatischen Erklärung lassen wir diesem Beitrag als
Anlage unter eigenem Titel folgen.

Dieser Exkurs war nötig, um zu verstehen, welche Entwicklungen sich das ganze
15. Jahrhundert hindurch vollzogen und der Explosion des Bauernkriegs zugrunde lagen
. In diesem Klima haben sich nicht nur Veränderungen der Rechtsstellung der Bauern
zum Besseren in manchen Regionen einerseits, vor allem aber auch starke Reaktionen
beharrender kleinstaatlicher Machtpositionen andererseits abgespielt.

Bedeutungswandel alter Rechtsbegriffe
Das Wort »Höriger«

Auf einen solchen Begriff, der eine starke Veränderung seiner Bedeutung erfahren hat,
sind wir schon gestoßen: Es ist der Dinghörige. Das Wort sagt zunächst nichts anderes,
als daß es sich um jemand aus dem Personenkreis handelt, der zum Dinghof gehört und
damit der Dinggerichtsbarkeit untersteht, gleichgültig in welcher Stellung, ob als Huber
oder in anderer Eigenschaft zu Gericht Sitzender oder als einer, der als Ylolzngehöriger
verpflichtet ist, zum Dinggericht zu kommen und den Umstand zu bilden. Mehr sagt das
Wort Dinghöriger nicht. Erst später, in einer Zeit, in der Dinghofverfassungen und
Dinggerichte zumeist schon abgegangen und durch selbstverfaßte, selbstverwaltete
Ortsgerichte abgelöst worden waren, waren die Bediensteten solch alter Dinghöfe meist
noch Untertanen der alten Grundherrschaft. Als solche waren sie noch Objekt einer
Verwaltung, aber nicht mehr Beteiligte an einer Rechtsprechung. Hörige wurden so allmählich
Personen minderen Rechts. Sie wurden anderen »hörig«, die über sie verfügten.
Genau das ist der Sinn des modernen Begriffs »hörig«: unselbständig, einem anderen ergeben
, unterworfen.

Hierzu gehört übrigens auch der Begriff »Chilchhöri, Kirchhöri«. Auch dieses Won
bezeichnet nichts anderes als die einfache Zugehörigkeit einer Gemeinde oder mehrerer
Teilorte zu einem bestimmten Kirchenbezirk oder einer bestimmten Pfarrei.

Der »Umstand«

Auch dieses Wort haben wir eben als einen alten Rechtsbegriff kennengelernt. Zur
Rechtsprechung hat von alters her die Öffentlichkeit gehört. Zum Dinggericht die des
Dinghofes, zum Ortsgericht die des Dorfes. Zur Gerichtssitzung (unter offenem Himmel
) wurde das Dorf durch eine Glocke zusammengerufen, eine der Kirchenglocken
oder eine eigene Ratsglocke. Wenn man wegen etwas vor Gericht ging, anstatt es zu verschweigen
, hängte man es an die (»große«) Glocke. Das Dorf, die Gerichtsgemeinde, die
zusammengerufen wurde, bildete dann den »Umstand«, der das alte Recht und die alten
Gewohnheiten auf Anfrage zu bestätigen hatte. In Zeiten, in denen der Umstand nicht
mehr alles bestätigte, was ihm vom Grundherren als »altes Recht« vorgelesen wurde (wie
z. B. oben von Steinen berichtet), wurde mehr und mehr je nach den »Umständen« geurteilt
. Daß diese Umstände einmal Menschen waren, weiß heute kaum jemand mehr,
der dieses Wort gebraucht.

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