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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 158
(PDF, 34 MB)
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Einige Beispiele aus alten Dingrödeln
Zum Wort »Leibeigenschaft«

Wir sind in der glücklichen Lage, eine vollständige Fotokopie des Dingrodels der
st. bläsischen Propstei Weitenau aus dem Jahr 1344 zu besitzen, ein Geschenk des verdienstvollen
Lörracher Museumsvereins. Gleich auf der Rückseite des 1. Blattes heißt es
im zweiten Absatz:

»Wa ein Gotzhus man von Witnowe uswendig sime gebiet sizzüt un doch husrökki
het uffen der eigünschaft von Witnowe, da sol och ds Gotzhus von Witnowe vor vollen
von der husrökki, won das reht ist in unserm Gebiet ze Witnowe, ds du husrökki alleweg
vallot vor dem üb.« Hier haben wir das Wort Eigenschaft i. S. von Eigengebiet, Grundherrschaft
, »uswendig sime Gebiet« bezieht sich natürlich auf das Gotteshaus, die Propstei
von Witnau (Weitenau). Der Todfall beim Tod des Pächters wird hier auch in der
Form des Verbs gebraucht: Das Gotteshaus soll zuvor vollen (den Fall erhalten) vom
Gut, weil für Witnau das Recht gilt, das die husrökki, das bewohnte Haus (mit dem
Herdfeuer), stets als erstes den Fall gibt und danach erst wird eine Todfall-Abgabe vom
Leib erhoben. Hier ist sehr gut der Zusammenhang zwischen Grundeigentum einerseits
und dessen Bewirtschafter andererseits deutlich. Als Bewirtschaftet eines herrschaftlichen
, hier äbtischen Eigenguts muß bei einem Handwechsel, beim Abzug des Pächters
oder bei seinem Tod der »Fall« gegeben werden. Die »Eigenschaft« des Abtes ist zunächst
das Gebiet seiner Herrschaft, sozusagen sein »Eigen«. Und der Pächter oder Lehner
auf dieser Eigenschaft erwirbt gleichzeitig persönlich die »Eigenschaft« des Grundherrn
, nämlich die Leibeigenschaft als Person mit seiner Familie. Darin kommt zum
Ausdruck, daß zwar der Boden »Grund«wert ist, seinen Ertragswert aber erst durch den
Bearbeiter erhält, umgekehrt aber der Pächter seinen Lebensunterhalt aus diesem Stück
Land zieht, beide also aneinander gebunden sind. Daraus hat sich mit der Zeit der Ubergang
des Begriffs Eigenschaft auf die betreffende Person verlagert. Man hat nun die »Eigenschaft
« eines Markgräflers, Hauensteiners, Pfälzers usw. Es ist zunächst immer noch
eine Kollektiv-Eigenschaft, allmählich aber ändert sich des Wortes Bedeutung in eine individuelle
oder lauter individuelle Eigenschaften im Sinne von Merkmalen und Fähigkeiten
(des Körpers und des Geistes).

S. 3 unten folgt ein weiterer Satz dazu: »Sint die erbün stossig un kriegen umb ir erb-
teil, ds sol ein probst vo Witnowe us rihten uffen d' eiginschaft ald in sinen rehten ding-
hovin un wa ers hin züht.« Hier dürfte gemeint sein, daß zweierlei rechtlicher Austrag
des Streits möglich ist, zuerst die Schlichtung durch die Herrschaft selbst oder der Gerichtsspruch
des Dinggerichts, wobei noch vorbehalten blieb, die Sache in weitere Instanzen
zu ziehen. Und an anderer Stelle ein ähnlicher Satz, der möglicherweise aus einer
älteren Fassung in der von 1344 stehen geblieben ist:

»Wa des Gotzhus lüte von W. stossig sint un kriegent umb ir erb un nüt über einkunnün
noch mugen kon, ds sol ein probst brechün mit dez Gotzhus lüten rate un mit der wice«.
Diese Fassung hebt allein auf das Rechtsverfahren vor dem Dinggericht und die Mitwirkung
der Hofleute ab. Sie steht vor der zuerst zitierten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß
die zweite und schärfere Fassung die jüngere ist und umstritten war, weshalb man die ältere
stehen ließ, um bei einem günstigeren Umstand die härtere jüngere genehmigen zu
lassen. Das kann freilich nur eine Vermutung sein.

Im gleichen Sinn zu deuten ist ein Begriff, den uns Fritz Schülin in seinem Teil »Erringen
« in der Chronik »Efringen-Kirchen« von 1962 nennt. Ein Vertragsbrief von 1430, in
dem ein Streit zwischen dem Abt von St. Blasien und dem Vogt Hans Reich von Reichenstein
durch Vergleich beendet wurde, handelt der Abt in »eigenschaftsweise« und

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