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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 161
(PDF, 34 MB)
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Streitigkeiten, gebraucht. Das Ergebnis dieses »kriegen« war, etwas zu bekommen, das
strittig war, und so erhielt es seine heutige Bedeutung, bei der man gewiß nicht mehr an
»Krieg« denkt. Aber auch bei diesem Wort hat sich die Bedeutung des Vorganges »kriegen
« stark verschoben. Hier freilich bei einem Vorgang, der sich meist innerhalb einer
kleinen Gruppe von Individuen abspielte, hin zum Krieg zwischen Völkern. Die Bedeutung
von Subjekt und Verb ist bei dieser Entwicklung völlig auseinandergefallen. Ganz
im Gegensatz dazu verlief die Entwicklung beim Wort »Eigenschaft«.

»Besserung* und »einung*

In unseren Dinghof rechten (schon des 14. Jahrhunderts) begegnen wir häufig den beiden
Begriffen »besserung« und »einung«. Beide werden im Sinne der Wörter Strafe oder
Buße gebraucht. Und dennoch deuten sie eine wichtige rechtliche Veränderung im Leben
eines Dorfes, in dem ein Dinghof bestand, an. Das Wort »besserung« meint eine
noch von Seiten des Grundherrn festgesetzte Buße für die Nichtbeachtung eines Gebots
oder Verbots oder für einen kleinen »Frevel«. Die »einung« dagegen ist eine von zwei
oder mehreren Stellen vereinbarte Buße. Hier begegnet uns das herrschaftliche Dinggericht
, das einerseits die Herrschaft, den Meier als ihren Beamten und die Dinghofleute
umfaßt, und andererseits die übrige Bauernschaft eines Ortes, die »gebursami«, die sich
hier unzweifelhaft schon einen eigenen Rat, ein Orts-Gericht mit Vogt, Schöffen oder
Richtern und - je nach Größe des Orts - auch einem Stabhalter als Stellvertreter des
Vogts gewählt hat. Es sind die Vögte, die auch das Dinggericht zu »schirmen« haben und
denen wir in fast allen unseren Dörfern seit dem 14. Jahrhundert in Urkunden begegnen,
die sie urteilend im Namen des Markgrafen ausgestellt haben. Meistens ist daran noch
das Siegel des Landgerichts erhalten. Daraus ist übrigens zu schließen, daß es damals eine
Landgerichtskanzlei gegeben haben muß, mit einem studierten Juristen, den wir wohl
unter den Bezeichnungen Amtmann, Procurator oder »Schreiber« zu suchen haben. Der
Titel Landschreiber begegnet uns erst in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Schluß

Hier haben wir einige oft vorkommende Wörter in ihrer Entwicklung seit der spätmittelalterlichen
und noch etwas jüngeren Rechtssprache vor allem der bäuerlichen Gesellschaft
vorgestellt. Sie haben sich mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung
in ihrer Bedeutung gewandelt.

Im Zeitalter des Absolutismus haben wir eine ähnliche sprachliche Verständnisfrage
vor uns, die es zu erkennen gilt. Nur liegt hier keine langfristige, allmähliche Veränderung
der Bedeutung von Begriffen vor. Vielmehr tritt jetzt das Problem auf, daß eine
stark vergrößerte Bürokratie (Finanzwesen, Gebühren und Abgaben) nunmehr das Bedürfnis
hat, ihre Bedeutung - nicht nur im Titel und bei Amtsbezeichungen - sondern
auch im amtlichen Sprachgebrauch herauszustreichen.

So werden jetzt Leute in ihre Ämter »eingesetzt«, die in Wirklichkeit gewählt wurden
und früher einfach als Gewählte der Bürgerschaft und Beamtenschaften »praesentiert«
- vorgestellt - worden waren. Auch heute noch werden neugewählte Bürgermeister von
der vorgesetzten Behörde ins Amt eingeführt. Im Absolutismus trachtete die beamtete
»Obrigkeit« danach, auch sprachlich ihre Bedeutung herauszustreichen, zumal sie gegenüber
dem Landesherrn nur noch untertänigst ausführende Organe kennt. Nur aus-

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