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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 2.1985
Seite: 30
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0032
Im Juni 1849 wurden sämtliche Bürgerwehren des Bezirks nach Müllheim befohlen,
um sich durch die revolutionäre Assentierungskomission (auf Militärdiensttauglichkeit)
untersuchen zu lassen. Darunter waren auch die Bürgerwehren von Niedereggenen,
Obereggenen, Schloß Bürgeln, Feuerbach und Liel. Auf dem Rückweg in ihre Heimatdörfer
kehrten die Männer nach alter Markgräfler Sitte in der »Krone« in Vögisheim am
Eingang des Dorfes ein, um noch einen Schoppen zu trinken. Es war nicht das erste Vierteil
an diesem Tag, denn im »Schwanen« und in der »Krone« am Marktplatz zu Müllheim
hatte man bereits tüchtig gebechert. Im oberen Saal der Vögisheimer »Krone* sollen sich
die Bürgerwehrler nach dem damaligen Bericht etwa eine halbe Stunde aufgehalten haben
. Doch »es ging«, wie Theodor Scholz in seinem Buch »Revolutionäre« (1926) nach
amtlichen Akten berichtet, »drunter und drüber, zumal der Kronenwirt Ernst Grenadier
nicht zu Hause war. Als es zum Abschied ging und man sich auf der Straße vor dem
Wirtshaus in Reih und Glied aufstellte, kam es zu einem Rencontre (Zusammenstoß) mit
Vögisheimer Burschen, die in einem Nebenzimmer der »Krone« musiziert hatten. Wegen
dieses Rencontres, das aus den politischen Gegensätzen zwischen den jungen Burschen
entstanden war, wurden nun die Akten auf dem Müllheimer Bezirksamt gefüllt.
Ernste Männer, so berichtet Scholz, mußten sich tage- und wochen-, ja monatelang mit
dieser Lappalie beschäftigen.« Theodor Scholz war bemüht, ein möglichst getreues Bild
von jener Zeit zu zeichnen, und so gab er aus den langen Zeugen-Protokollen über den
Vorgang in Vögisheim kurze Auszüge wieder:

»Zeuge Wilhelm Schneider, 18 Jahre alt, aus Niedereggenen, hat mit den beiden Zöl-
lins, den beiden Meyer, Ludwig Hunzinger und Jakob Frobelin im oberen Stockwerk
der 'Krone' in Vögisheim zu Tisch gesessen. Sie hielten sich dort etwa ein Stunde auf.
Weil wir, die wir aus dem Wirtshaus herausgegangen waren, aus den Gemeinden
Niedereggenen, Obereggenen, Liel und Feuerbach gebürtig waren, und die Einwohner
dieser vier Orte bekanntlich feindlich gegen das revolutionäre Treiben gesinnt waren, so
wollten wir vor dem Wirtshaus in Vögisheim eine Demonstration machen und ließen unseren
Großherzog hochleben. Kaum war dieses geschehen, so sprangen Vögisheimer
Burschen zur Wirtsstube heraus, stellten sich neben Joh. Georg Zöllin jung auf die Treppe
und riefen aus: Die neue Regierung soll leben, nieder mit dem Großherzog! Ob Zöllin
mitgerufen habe, sei fraglich, Zeuge hat nur gehört von ihm: Wir haben ja keinen Großherzog
mehr, warum wollt ihr ihn hochleben lassen? Da die Vögisheimer Burschen Miene
machten, mit uns Streit anzufangen und aus dem Wirtshaus ein Stein gegen uns geworfen
wurde, begaben wir uns auf den Weg nach Hause. Die beiden Zöllins waren
nicht dabei.«

Zeuge Nikolaus Zanger, Niedereggenen: Die beiden Zöllins kamen von der Hochzeit
ihrer Schwester in Gallenweiler; Joh. Georg Zöllin hatte ein rotes Band um den Hut. Wir
waren um zwei Uhr nachmittags von Müllheim heimgekehrt. Es entstand ein Gespräch
zwischen den Zöllins und dem flüchtigen Schuhmacher Friedrich Strohmeier von Niedereggenen
einerseits und den übrigen. Die ersteren lobten und verteidigten die damalige
Empörung (Erhebung) und Johann Georg Zöllin äußerte, »wir hätten die Tyrannei lange
genug gehabt; unser Fürst habe sein Land als Verräter an diesem Lande verlassen; er hätte
nur sein schlechtes Ministerium abschaffen sollen, dann hätte er sicher im Lande bleiben
können.« Draußen stellten sich die Niedereggener etc. in Reih und Glied auf - die
anderen (Zöllins, Strohmeier und Vögisheimer Burschen) standen auf der Treppe und
ließen die Regierung hochleben. (Es handelte sich um die provisorische Landesregierung
in Karlsruhe unter der Fahne schwarz-rot-gold. -« Zu der konstituierenden (verfassunggebenden
) Versammlung, die in Karlsruhe am 10. Juni eröffnet wurde, war auch aus dem
Müllheimer Wahlbezirk ein Abgeordneter aufgestellt, Bürgermeister Sturm von Zien-

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