Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 2.1985
Seite: 96
(PDF, 34 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0098
geht unzweideutig aus diesem Brief hervor. Holbein ging nicht den geraden Weg nach
Calais, sondern fuhr über Antwerpen nach Calais, um von dort nach Dover überzusetzen
. Von Calais braucht man bei günstigem Wind fünf bis sechs Stunden nach Dover.
Das konnte noch sehr lange sein, wenn man an die Qualen einer stürmischen Überfahrt
denkt. Selbst im 20. Jahrhunden ist eine solche Uberfahrt über den Kanal kein Vergnügen
, denn bei einer meiner Fahrten nach England, die sonst 3 1/2 Stunden von Ostende
nach Dover dauert, mußten wir im »gale« 9 1/2 Stunden auf dem Schiff ausharren, bis
wir gegen Mitternacht in den Hafen von Dover einfahren konnten. Es war fast so wie in
jenem Reisebericht des Jahres 1466: »Meinem herrn und anderen gesellen that das mer so
we, daß sie auf dem schiff lagen, als wären sie tot.«

Holbein in England

Holbein wird dann mit einem Postpferd nach Gravesend an der Themsemündung geritten
sein, um dort in ein Passagierboot umzusteigen, wie es in jener Zeit üblich war.
Die Reise von Dover nach London dauerte damals anderthalb Tage. Man fuhr mit dem
Passagierboot an dem schönen königlichen Lustschloß in Greenwich vorbei, wo der Hof
besonders gern weilte. Hier beginnt heute bereits die ungeheure weite Stadt. Damals
fuhr man noch bis zum Tower; das war der äußerste Teil im Osten von London. Hier
hatte man London Bridge vor sich, die damals die einzige Brücke über die Themse war.
Die zwanzig Bögen der Brücke waren überbaut mit Häusern, in denen Kaufleute ihre
Läden hatten. Die Stadt hatte noch nicht den Umfang der jetzigen City, hauptsächlich
zog sie sich dem Ufer des Flusses nach.

In dieses London kam 1526 Hans Holbein d. J., um sich »ein paar Engel zusammenzuscharren
«. Es war das achtzehnte Regierungsjahr Heinrichs VIII., der am 22. April
1509 den Thron bestiegen hatte. König Heinrich hatte für seinen literarischen Angriff
auf Luther vom Papst den Titel eines »Verteidigers des Glaubens« erhalten. Das Hofleben
war voll Schimmer und Glanz. Die persönlichen Eigenschaften des Königs hatten
ihm alle geneigt gemacht. Er war schön an Gestalt, kraftvoll und stattlich, im Auftreten
wahrhaft königlich, gewinnend im Benehmen und in der Rede, ritterlichen Übungen ergeben
, dazu geistig gebildet und hochbegabt. Er sprach französisch, spanisch, lateinisch,
war in theologischen Studien zu Hause, hatte außergewöhnliche Kenntnisse auf mathematischem
und mechanischem Gebiete und zeigte sich von Anfang an den Männern der
Wissenschaft geneigt. In den Augen des Volkes wurde der beliebten Persönlichkeit des
Königs durch seine Prachtliebe ein neuer Zauber verliehen. Da folgte ein rauschendes
Fest nach dem anderen, Bankette, ritterliche Schauspiele, prunkvolle, theatralische Aufzüge
.

Heinrich VIII. war nicht nur baulustig, sondern er hatte auch für andere Zweige der
Kunst Interesse, nicht bloß, weil sie seine höfische Pracht unterstützten, sondern auch
aus rein künstlerischem Sinn. Die Neigung, Kunstwerke zu sammeln, beginnt in England
schon mit ihm. Er hatte die Gewohnheit, den Schlüssel für die »Gallery« in White-
hall selbst aufzubewahren, ähnlich wie Franz I. von Frankreich, der ausgezeichneten Besuch
gern persönlich in seine Galerie zu Fontainebleau führte. Hohen Wert hatte das Inventar
von Whitehall an Bildern, Schnitzereien, Teppichen, etc., das sich heute im Britischen
Museum befindet.

Die Kunst in Deutschland war im wesentlichen auf die bürgerlichen Kreise angewiesen
. Dadurch kam sie aber über ein gewisses kleinbürgerliches Wesen nicht hinaus. Die
bildende Kunst in England dagegen stand damals fast ausschließlich im Dienste des Hofes
und der Aristokratie.

96


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0098