http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0119
Abb. 3: Die Anlage des Brunnens, ins Ortsbild
harmonisch eingebunden, bildet eine Einheit aus
drei Elementen.
komprimiert, enthält dieser Brunnen alle wichtigen Kriterien, die an ein Kunstwerk gestellt
werden:
1) Die Verarbeitung der Wirklichkeit
2) die Beschränkung auf das Wesentliche
3) die Harmonie der Formen
4) die Vieldeutigkeit.
Obwohl sich der Bildhauer die verehrungswürdigen Legendenfiguren zum Sujet seines
Brunnens erhoben hat, ist es keine literarische Arbeit geworden. Strenge herrscht
vor, bei aller freien Gestaltung, die säulenartige Frauengruppe ist rhythmisch aufgebaut,
die Steinskulptur kennt, obwohl sie auf Grundformen reduziert ist, spannungsvolle
Kurven. Ibenthalers gestaltende Hand war nicht genötigt, zu krampfhaften, »originellen
« Formen zu greifen. Den Jungfrauen wird keine Gewalt angetan. Die Brunnenform
gibt sich in ihrer geometrischen Anordnung harmonisch. Die Gefahr von verspielten
Sandsteinfiguren war bei diesem archaisch denkenden Eichsler Skulpteur gar nicht erst
gegeben. So ist mit diesem Brunnen kein modernistisches Gebilde entstanden, sondern
eine ins lokale Geschehen integrierte optische Steigerung der Infrastruktur, eine in sich
ruhende, vorwiegend verhaltene, auf den ersten Blick statische, und bei näherer Betrachtung
mit Ausdruck erfüllte, dynamische Brunnenarchitektur - eine, die die zeitlose
Konzeption Paul Ibenthalers manifestiert.
Dieser Brunnen korrespondiert mit der Umgebung. Er hat, in den unterschiedlichen
Tageszeiten betrachtet, bisweilen eine kontemplative Ausstrahlung. Ibenthalers Bauwerk
ist zwar mit dem Kopf erdacht, rational konstruiert, kalkuliert und funktionali-
siert, wird aber auch sinnlich empfunden. Das liegt nicht zuletzt an der unterschiedlichen
Physiognomie, mit der Ibenthaler die drei Frauengestalten charakterisiert: Rätselhaft
, geheimnisvoll stehen sie in ihrem grauen, fränkischen Muschelkalk da. Drei verschiedene
Frauentypen (sind es Kunigundis, Mechtundis und Wibrandis? Oder sind es
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