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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 58
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-01/0060
Daß es sich dabei nicht um je 2 verschiedene Personen gehandelt hat, sondern um die
doppelte Funktion ein und derselben Person, sagt der Lörracher Dingrodel in der erneuerten
Form von 1492: Wenn es den Meier (von S. Alban) dünkt, daß es nötig sei, des
Markgrafen Vogt und Amtmann anzurufen und zu bitten, bei ihm zu sitzen mit seinem
Stab ... soll dem der Vogt nachkommen.

Eigenartig ist dabei, daß beim Geding in Steinen von 1413 nicht nur der Ortsvogt
Welti Burkart als Schirmer des Gerichts anwesend war, sondern auch noch gleich zwei
andere Amtspersonen: Der herrschaftl. Amtmann von Rötteln und der Vogt und Amtmann
des benachbarten Brombach. Man gewinnt den Eindruck, daß man in Rötteln von
der aufrührerischen Stimmung im Lager der Steinerner Bauern unterrichtet war und deshalb
ein solches Aufgebot sandte.29)

Daß Angehörige der Ortsgerichte, vor allem ihre Vögte und Stabhalter, auch als Vorgesetzte
der »Landschaft«, der Heimwehr, gewählt wurden, ist in der Literatur nachgewiesen
.20^ Daß auch beide Institutionen gleich alt sein dürften, geht nicht nur aus den
Anforderungen für die Wahl ins Landgericht hervor. Vor allem die territoriale Organisation
- nach »Vierteln« und örtlichen Mannschaften - setzt eine starke örtliche Autorität
voraus. Hinweise darauf, daß möglicherweise alle drei Institutionen mindestens ins 13.
oder auch ins 12. Jahrhundert zurückreichen, sind erwähnt worden.

Angaben in alten Dingrödeln über Umstände ihrer Entstehung oder Erneuerung oder
zu Änderungen von Texten fehlen natürlich allgemein. Sie sind höchstens aus seltenen
beiläufigen Bemerkungen zu erschließen. So ist von Markgraf Rudolf III. anläßlich der
Erneuerung des Fischinger Dingrodels im Jahr 1415 überliefert, daß er auf einem geänderten
Wortlaut bestanden hat: Die neue Formel »Einung« wollte der Meier durch das
frühere Wort »Besserung« ersetzen. Der Markgraf bestand ausdrücklich auf dem Begriff
»Einung«. Es ist klar, daß sich die Beteiligten des Unterschieds in der rechtlichen Bedeutung
der beiden Begriffe bewußt waren. D.h. der Markgraf zog es vor, daß seine Dorfleute
, die »gebursami«, ihr Recht gegen seinen Konkurrenten, den Grundherrn, bessern
konnten. Er war sich dessen bewußt, daß dadurch seine eigenen Rechte im Dorf als
Vogtherr und als Landesherr gestärkt wurden. Auf diese Weise wurden nach und nach
die Rechte aller auswärtigen Grundherren so sehr geschwächt, daß die Dinggerichte allmählich
überflüssig und aufgegeben wurden. Nach dem 30jährigen Krieg war es so gut
wie aus mit dieser Institution. In Auggen z. B. wurden noch dreimal in großen Abständen
Versuche gemacht, das Dingrecht wieder einzuführen, 1683, 1723 und zum letzten
Malao. 1748.30>

Die Institution war überflüssig geworden, damit war auch die Interessengleichheit
von Fürst und Dorfgemeinde, das Verhältnis von gegenseitigem Geben und Nehmen,
Vergangenheit, so daß die Aufhebung der Landschaft und ihrer Ausschüsse wie auch des
Landgerichts kein Risiko für die Fürsten mehr war. Die Stärke der Gemeindeselbstverwaltung
freilich war inzwischen, schon durch ihre Einbeziehung in Aufgaben der Staatsverwaltung
(vor allem bei der Steuererhebung) so gefestigt, daß der absolutistische Staat
sie nicht mehr aufheben konnte. Es sei denn, er hätte auch die Schuldenlasten der Gemeinden
übernommen.

Nur eines hört oder liest man seitdem immer wieder: Die da und dort vertretene Auffassung
, die Selbstverwaltung sei ein vom Staat verliehenes Recht. Im deutschen Südwesten
trifft dies jedenfalls nicht zu. Es ist wenig interessant zu untersuchen, für welche
deutsche Region eine solche Meinung zutreffen könnte oder von welcher Seite sie vertreten
wird. Es genügt zu sagen, daß sie nur von obrigkeitlich geprägter Seite in Anspruch
genommen werden kann. Die richtige Antwort auf eine solche Sicht ist nur die Gegenfrage
: Wer ist denn 'der Staat'?

5 s


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