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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 91
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-01/0093
klagten Äbte. Dazu kommen die Vollmachten der Bauern von 1745/46 mit Unterschriften
und Siegeln (der Kompromißversuch von Anwalt Volz im Jahre 1755) und der mit St.
Blasien endlich geschlossene Vergleich, den der Landvogt von Wallbrunn 1758 nicht ohne
Einsicht in alle Akten durchführen wollte, und schließlich die Weitergabe der Entscheidung
1767 an den »Kaiserlichen Hof rat« in Wien durch St. Blasien, das inzwischen
als Reichsstift gerichtlich dem Kaiser, und nicht mehr dem Markgrafen unterstand.

Zum weiteren Verständnis seien die Tatsachen herausgestellt, die den Prozeßschritt
der Bauern bewirkten:

...Der Abt von St. Blasien gibt jährlich der Herrschaft Röttelen wegen des Zehnten und
anderer zinsbarer Güter, so er zu Blansingen hat, um Schirm willen, zu rechten ewigen
ablösigen Schirm zu bezahlen und sonderlich der Früchte auf den Kasten gehn Röttelen
zu vahren und den Wein in der Herrschaft Faß gehn Blansingen zu Hefern Roggen 7 Malter
, Wein 9 Saum...2). St. Blasien muß 1572 also den Schirmroggen an Rötteln liefern.

Zum andern ist hier der Auszug aus dem Zinsberain von 1589 für St. Blasien wichtig:
...Item die Hofgüter zu Blansingen zinsen jährlich in des Gotteshaus zu St. Blasien Kasten
gen Basel 6 Malter Dinkel und 6 Malter Haber, seien Fällig und ehrschatzig bei lebendigen
Leib...3) Es sind also weder Schirmroggen noch Wein zu Lasten der Bauern
aufgeführt. Das Kloster St. Blasien hatte Rechtsverluste an den Markgrafen hinnehmen
müssen. Durch die Reformation waren 1556 alle Untertanen der markgräflich-Baden-
Durlachischen-Linie automatisch mit evangelisch geworden (cuius regio, eius religio).

Die Aufbürdung des Schirmroggens an die Zehntleute in Blansingen und Welmlingen
war wohl von Anfang an ein heißes Eisen. So kommt es zu Versuchen der Äbte, über den
Markgrafen durch Dekrete wie 1722 diese Umverteilung in Form einer »Erneuerung«
(Renovation) zu erreichen. Doch die Zeit war im Umbruch, und so lassen sich die Bauern
unter Führung ihrer Dorfvögte bei dem »Hochfürstlichen Baden-Durlachschen-
Hofgericht« durch Anwalt Hugo vertreten. Sie bringen 1745/46 eine förmliche Klage gegen
den Abt von St. Blasien ein. Damit ließen sie es nicht mehr bei den jahrzehntelang
geführten Bittschriften (Petitionen) bewenden45.

Menschlich ist die Lage gut zu verstehen. Niemand will in diesem Streit nachgeben,
keiner das Gesicht verlieren. - Die Bauern streiten um ihr Recht, gegen die unrechtmäßige
Erhöhung ihres Getreidezinses um mehr als ein Drittel (Warum die 9 Saum Wein
nicht mehr erwähnt werden, bleibt unklar). Die Äbte fühlen sich in ihrer absoluten
Macht und in anscheinender Beweisnot zu dieser Aufbürdung befugt. - So läßt sich die
Prozeßlawine über die Jahre hin nicht mehr aufhalten! —

Wir entnehmen einige Hinweise zu dem Vorbeginn des Prozesses einer Liste von 1751
mit nicht weniger als 85 beglaubigten Aktenauszügen. Daraus geht hervor: St. Blasien
wandte sich 1718 in der Streitsache sowohl an Rötteln als auch direkt an den Serenissimus
und an den Geheimrat zur Glocken. Dieser hatte anscheinend eine Bittschrift für die
Bauern verfaßt. Da die Liste nur kurze Titel mit Datum aufführt, ist daraus wenig zu entnehmen
. Doch zeigt sich, die Erblehensmeyer hatten schon 1690 eine Bittschrift an den
Prälaten vorgebracht, in der sie vermutlich gegen die »Erneuerung von 1661« Klage
führten, weil ihnen der Schirmroggen aufgebürdet worden war. Ein Erlaß (Reskript) des
Markgrafen Carl Wilhelm (1708 - 1738) vom 20. April 1722 hatte dann auch der Burg-
vogtei Rötteln befohlen, den »Ausstand von 84 Malter« (= 12 Jahre) von den Bauern in
Blansingen und Welmlingen einzuziehen, weil das »Steuerroggen-Gefälle« auf den Besitzern
der Hofgüter fuße65.

Gegen diese Feststellung und gegen die Zwangserhebung hatten im Oktober 1745 die
Bauern den Anwalt Viktor Hugo mit einer gehörigen Vollmacht beauftragt, bei der damaligen
markgräflichen Administration (1738 - 1746) Einspruch zu erheben. Mit den

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