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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 109
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-01/0111
Neben dem Glockenspiel in seiner verschiedensten Bedeutung gab es an und in den
Kirchen bald wahre Wunderwerke von Uhren, die auch Tage, Monate, Mondphasen
und Planetenläufe anzeigten.

Nicht lange danach zierten sich auch - im Bewußtsein ihrer bürgerlichen Macht - die
Rathäuser der Städte mit solchen Prestigeobjekten, ohne allerdings mit biblischen Puppenspielen
den religiösen Bezug zwischen Zeit und Religion, Mensch und Kosmos, Leben
und Tod zu vernachlässigen.

Auch der Privatmann im 17. und 18. Jahrhundert zeigte mit dem Besitz einer Tisch-,
Wand- oder Standuhr, daß er etwas auf sich hielt. So entwickelten geistreiche Künstler
und Handwerker Uhren in mannigfaltigen Formen, teils als kostbare Wertgegenstände,
teils als lustige Unterhaltungsspiele mit ausgeklügelten Techniken und Uberraschungsef-
fekten.

Der Mensch begann immer zeitbewußter zu leben, alles zu seiner Zeit zu tun, d. h. die
Zeit - nämlich die ihm in seinem Leben verfügbare Zeit - möglichst sinnvoll zu erfüllen
und damit auf seine Weise seinem Leben Sinn zu geben. Dies aber verlangt von uns ständige
Entscheidungen, das zu tun und jenes zu lassen, weil man eben nicht auf zwei oder
drei Hochzehen - nun ganz wörtlich gemeint - gleichzeitig sein kann.

Wir haben entdeckt, daß wir mit der Zeit sparsam umgehen können oder sie vergeuden
oder mit ihr geizen wie mit einer Ware. Im Zeitalter geregelter Arbeitszeiten ist Zeit
Geld geworden. Unserer Zeitbedingtheit bewußt geworden zu sein, ist ein Wesensmerkmal
des heutigen Menschen. So werden die Anstrengungen verständlich, mit Uhren
dieses kostbare Gut zu messen, einzuteilen und rationell zu gebrauchen.

Wir können auch diese Zeit, die jedem nur ganz persönlich verfügbar ist, weil ein Teil
seines Lebens, auch jemanden widmen oder schenken. In dieses Bewußtsein drängt sich
zunehmend eine Verunsicherung, ja Angst, diese Freiheit im Umgang mit der Zeit auch
sinnvoll, ja gottgewollt zu gebrauchen. Vielleicht ist dieses Zeitbewußtsein auch ein Ansatz
zur Religiosität des Menschen, der nun gehalten ist, ständig danach zu forschen, was
Gott mit seinem Leben meint und gewollt hat.

Viele Uhren erinnern auch in ihrer Aufmachung an das Memento mori, das Ende unserer
Zeit.

Im Bau vieler Uhren - vor allem bei Pendeluhren - wird auch unsere Auffassung vom
rhythmischen Bewegungsablauf der Zeit sichtbar und deutlich. Diesen Rhythmus des
Zeitablaufs erlebt nicht nur das Kind als erstes Zeitgefühl. Einen zeitbedingten Rhythmus
kennt auch die Natur, etwa in Ebbe und Flut. Pflanzen haben einen inneren Rhythmus
im Wechsel von Ruhe und Aktivität, die - selbst ins Dunkle gebracht - zur gewohnten
Tageszeit ihre Blüten entfalten.

Bei Tieren sei nur an die Zugvögel erinnert oder an das morgendliche artspezifische
Einsetzen des Vogelgesangs vor und nach dem Sonnenaufgang, wo wir sogar von einer
»Vogeluhr« sprechen, nach der wir uns richten können.

Auch der Mensch verfügt über solche biologische Zeitrhythmen, die besonders bei
Langstreckenflügen und den damit verbundenen Zeitverschiebungen in Unordnung geraten
können. Jeder weiß auch im Zusammenhang mit seelischen Erregungen von damit
verbundenen oder dadurch ausgelösten rhythmischen Körperbewegungen. Auch sich
oft wiederholende Traumbilder verraten etwas von solchen unterbewußten Rhythmen,
ähnlich wie sich in gewissen Situationen bestimmte Gedanken stereotyp aufdrängen und
wiederkehren.

Auch die Sprache selbst gibt uns in Sprichwörtern und Redewendungen vielerlei Antworten
auf die Frage, was uns die Zeit in unserem Leben bedeutet: Wir haben schon gesagt
, daß wir z. B. in Zeitnot kommen können. Wir können eine bestimmte Zeit verpas-

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