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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 1.1986
Seite: 179
(PDF, 33 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-01/0181
der Klosterkirche Birnau (Bodensee) berühmt, schuf 1740 aus Stuckmarmor die Altäre
und Kanzel für Merdingen. Seine großen Stuckfiguren Kaiser Heinrichs II. und der Kaiserin
Kunigunde an den Flanken des Hochaltars ordnen sich zeitlich und stilistisch zwischen
die feuchtmayerischen Altarstatuen der Mainau-Schloßkapelle und der Bischofskapelle
im Neuen Schloß Meersburgs ein. Sie lassen, wie der Kirchenbau selber, deutlich
werden, wie sehr die Merdinger Pfarrkirche kunstgeschichtlich mit dem Bodensee-Barock
zusammenhängt. An den Eigentümlichkeiten des Hochaltars lesen wir im übrigen
auch die merkwürdigen Versuche Feuchtmayers ab, sich die Rocaille als neue Dekorationsmöglichkeit
für den Altarbau anzueignen. Geburt des Rokoko im Breisgau! Der
große Bodensee-Meister war in der Gegend um Freiburg außer in Merdingen nur noch
für die Abteikirche St. Peter (Schwarzwald) tätig gewesen. Genauso war es auch mit dem
zu Riedlingen an der Donau wohnenden Maler Franz Josef Spiegier, dem in Merdingen
der Auftrag für die Deckenbilder und Altarblätter zufiel.

Mit ihm holte Baudirektor Bagnato einen Meister aus der ersten Reihe der süddeutschen
Barockmaler an den Tuniberg. Wer etwa an die gewaltigen Deckenfresken Spieg-
lers in der Reichsabteikirche Zwiefalten denkt, wird verstehen, warum Bagnato nicht
glaubte, »daß Einer dißem in Teitschlandt würdt vorkommen«. Als Anteil an der Bezahlung
erbat sich der Kunstmaler sechs Saum Merdinger Weins, die ihm der Eisenbacher
Fuhrmann Martin Föhrenbach nach Riedlingen transportierte. Im Dankbrief vom 12.
März 1740 bemerkte Spiegier dazu: »der wein ist unvergleichlich guett«. Während die
Themen der Deckenfresken (Marienleben-Eucharistie-Dreifaltigkeit) theologische Gedanken
des 18. Jahrhunderts widerspiegeln, beziehen sich die 1740 in Riedlingen entstandenen
Altarblätter (Taufe des Frankenkönigs Chlodwig durch Bischof Remigius-
Fridolin von Säckingen-Rosenkranzbruderschaftsbild) auf die Altarpatrone. Die von
makelloser Schönheit geprägte Immaculatastatue über dem Kirchenportal gehört zu den
schönsten Marienbildnissen Süddeutschlands.

Ortspfarrer Franz Carl Joachim beauftragte den Bildhauer Johann Christian Went-
zinger, Freiburg, zur Vollendung des Kirchenneubaues die überlebensgroße Sandstein-
figur zu schaffen. Die barocke Gesamtanlage um die Kirche erlitt 1977 eine starke Einbuße
, als die Straßenmauer zugunsten einer Verbreiterung der Durchgangsstraße abgebrochen
werden mußte und der eingeengte Kirchplatz mit neuer Mauer und Treppenaufgang
im Stil des Beton-Zeitalters wieder abgeschlossen wurde. Vierzig Jahre nach Erbauung
der Kirche bestellte die Gemeinde bei Maler Simon Göser, Freiburg, einen Kreuzweg
, dessen 14 Stationsbilder mit ihrer würdevollen, noblen Darstellungsweise und den
feinabgestuften Farben sich harmonisch in den Kirchenraum einfügen.

Das Pfarrhaus, ein stattlicher, 1754 ebenfalls von J.K. Bagnato erstellter Bau, schließt
sich an den Kirchplatz an. Der Ortspfarrer bewohnte im 18. Jahrhundert nur das Erdgeschoß
, die repräsentativ ausgestattete obere Etage mit dem Komtursaal hatten sich die
Deutschherren reserviert. Durch eine Türe in der Straßenseite erreichte man den Zehntkeller
mit der Zehnttrotte, die hohen Speichergeschosse dienten als Fruchtschütte. Über
dem Portal prangen dekorativ zwei Deutschordenswappen als Hinweis auf die Bauherren
(rechts: Landkomtur Ph. A. Graf Froberg, Altshausen, links: Hauskomtur W.J.E.
Freiherr von Breitenlandenberg, Freiburg).

In der Ecke des Kirchplatzes -neben der Treppe zur Kirchgasse- steht das ehemalige
Beinhäuschen, das nach dem Ersten Weltkrieg durch den Freiburger Bildhauer Wilhelm
Merten zur Gedenkstätte für die Kriegstoten umgestaltet wurde.

Aus dem Ortsbild der oberen Langgasse nicht mehr wegzudenken ist der 1739 von
Steinhauer Andreas Natterer aus Brombach gelieferte barocke Stockbrunnen. Mit Wendelinusstatue
(1756, von Bildhauer Sellinger) auf dem Brunnenstock. Drumherum der

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