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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 73
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1986-02/0075
Auch Groß- und Kleinhüningen sandten Brot und Wein, so daß die Freischärler aus
drei Ländern ihre Verpflegung bezogen. Der Eisenbahnkommissär von Speyer, der wieder
in Basel war, schickte einen Gewährsmann zu ihnen. Dieser berichtete ihm, es seien
vier Kisten mit Flinten auf der Insel, die von Birsfelden her - oder vom Birsfeld, wie man
sich damals ausdrückte - dorthin verbracht worden seien. Wahrscheinlich waren sie mit
dem Schiffe gekommen, das am 23. April durch die Stadt gefahren war. Sonst aber stand
es mit der Bewaffnung auch dieser Freischärler herzlich schlecht.

Sowie in Basel sich die Nachricht von der Besetzung der Schusterinsel verbreitete,
strömte die halbe Stadt hinaus, um das seltsame Schauspiel zu bestaunen. Natürlich allen
voran die Radikalen, die ihre Zuneigung zu den deutschen Republikanern keineswegs
verhehlten. Doktor Karl Brenner in seinem würdigen Demokratenbarte durfte dabei
nicht fehlen; von ihm berichtete der Gewährsmann von Speyer, er habe unter den zuschauenden
Baslern zur Unterstützung der Freischärler Geld gesammelt; »Fünffrankenstücke
und Münze hat er auf seine Hand erhalten«.

Aber diese »Schusterhelden«, wie sie von den andern Revolutionären spottweise genannt
wurden, waren kopflos wie die Leute der Demokratischen Legion und machten
nicht einmal einen Versuch, die Herweghler von ihrer Anwesenheit auf der Insel zu benachrichtigen
. Am 25., 26. und 27. April verweilten sie dort tatenlos. Jedoch am Abend
des 27. kam mit einigen Flüchtlingen von Dossenbach die Kunde von der dortigen Niederlage
. Nun stand man auf der Schusterinsel völlig allein, und zudem war das Erscheinen
der württembergischen Soldaten jetzt jeden Augenblick zu erwarten. Da sah die Besatzung
der Schusterinsel ein, daß alles verloren sei und ein Verbleiben auf deutschem
Boden keinen Sinn mehr habe. Zugleich begannen auch die französischen Behörden
kräftig auf den Abmarsch zu drücken; die grobe Neutralitätsverletzung, die sie sich
durch die Duldung des ganzen, von ihrem Boden aus ins Werk gesetzten Unternehmens
hatten zu schulden kommen lassen, mochte ihnen jetzt doch Unbehagen verursachen. In
Hüningen waren zwei französische Regierungskommissäre angekommen und hatten
schon am 26. den Freischärlern einen schwungvollen Brief geschrieben, sie möchten die
Insel verlassen und nach Frankreich herüberkommen; dort biete man ihnen Asyl und
Verpflegung an. So zogen denn die Freischärler am 27. April abends um 9 Uhr nach
Großhüningen hinüber, nachdem sie ihre Gewehre vorher noch abgeschossen hatten.
Denn mit geladenen Waffen durften sie das französische Gebiet nicht betreten. Dieses
Schlußschießen wurde bis nach Basel hineingehört - ein Zeichen, wie ruhig und ländlich
noch die Stadt und ihre Umgebung war - und rief natürlich Gerüchte über einen kriegerischen
Zusammenstoß hervor; bald aber erfuhr man den wahren Sachverhalt. Am Tage
des Gefechtes von Dossenbach war die Schusterinsel und damit der ganze deutsche Boden
von der letzten republikanischen Heerschar geräumt; keine zwölf Stunden, nachdem
die ersten Schüsse von Dossenbach aufgeknattert, war die letzte Szene im letzten
Akte des Heckerschen Trauerspiels ausgespielt, der erste badische Aufstand zu Ende. -

Die gemischte Gesellschaft auf der Schusterinsel, die der guten Stadt Basel in ihrer unmittelbaren
Nähe die deutsche Freischärlerei vorlebte, hat in dem Bild, das diesem Neujahrsblatt
beigegeben ist, der geistvolle Basler Karikaturenmaler Hieronymus Heß (1799
- 1850) der Nachwelt überliefert. Auch er war in jenen Tagen nach der Schusterinsel hinausgepilgert
, um sich vom sichern Port der schweizerischen Neutralität aus das seltsame,
halb unheimliche und halb lächerliche Schauspiel zu betrachten. Besser als die längste
Beschreibung gibt uns dieses Bild einen Einblick in das Wesen der Revolution. Der deutsche
Teil der Schusterinsel, den es darstellt und welcher heute wie der schweizerische
vielfach überbaut und landschaftlich ziemlich verdorben ist, liegt hier noch in unberührter
ländlicher Stille da. Das Haus, das wir auf dem Bild erblicken, ist heute zwar

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