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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 132
(PDF, 45 MB)
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penkleider, selbstgedichtete Stücke, selbstinszeniert, selbstgespielt - mit musikalischer
Einleitung von eigener Hand und mit eigener Stimme: sie selbst war die »Handpuppenspielgruppe
Alemannia«! Aber auch bei Aufführungen von Spielen fremder Autoren
kam das Eigene noch zum Zug, indem sie improvisierend auf die Zuschauer insgesamt
oder auf einzelne unter ihnen einging. Nur Spiel? Oder doch Kunst? Ihr war nur wichtig
, daß sie bei den Menschen eine freudig-fröhliche Stimmung erzeugte.

Und damit wird ein zentrales Merkmal ihres Wesens festgehalten: ihre Güte. Die
Menschen beschenken, ihnen Gutes tun, ihnen Freude bereiten - eben mit den Mitteln
ihres Könnens, ihrer Künste, ihrer Kunst: das galt ihr.

»Freigiebig war sie auch mit ihrer Zeit«, so schreibt ihre Freundin Emilie Clauss, Bildhauerin
in Weil am Rhein. »Sie besuchte Kranke und Einsame, sang ihnen fröhliche und
besinnliche Lieder zur Gitarre. So kam sie auch in viele Heime, um die Menschen aufzuheitern
. Sie veranstaltete Nachmittage in Gemeindehäusern beider Konfessionen und
spielte für die Kinder Kasperle-Theater - köstliche Erlebnisse. Sie gab Schülern Musikunterricht
und Nachhilfestunden, und für Sprachbehinderte entwickelte sie eine eigene
Methode«.

Aber sie beschränkte sich nicht auf solches Geben. Sie beschenkte die Menschen - und
Tiere! - auch mit Dingen, wenn sie selbst etwas besaß. Dabei war sie, insbesondere gegen
Ende ihres Lebens, »arm wie eine Kirchenmaus« - von der Wohlfahrt abhängig. Obwohl
gallenleidend und zuckerkrank, zu schwach allmählich zu schöpferischem und
darstellerischem Tun, von der Öffentlichkeit schon fast vergessen, schenkte sie Freundesgaben
an solche weiter, »die noch ärmer sind als ich«. In ihrer Bescheidenheit verdiente
sie kaum das Allernötigste, und so hatte sie auch nie etwas »auf die hohe Kante gebracht
«.

Auf ihr Äußeres hat sie nie Wert gelegt; so kam sie in alten, abgetragenen, aus der Mode
gekommenen Kleidern daher und setzte sich dem Spott der Kinder auf der Straße aus -
gelegentlich jener Kinder, denen sie kurz zuvor mit einem Kasperlestück Spaß bereitet
hatte. Die Erwachsenen, die ihr Anderssein ablehnten, bestärkten die Kinder oft noch
darin. Zwar tat ihr das weh, zumal sie gezwungen war, aus gesundheitlichen Gründen
mit dem Stock zu gehen; aber geändert hat dies an ihrer Einstellung und ihrem Verhalten
nichts. Auf äußere Dinge kam es ihr ja nicht an. Jedoch gab es auch solche Menschen, die
sie als »Original« gelten ließen.

Woher sie diese Sicherheit, diese Unbefangenheit und diese humorige Fröhlichkeit
hatte? Aus ihrem christlichen Glauben. Die Gedichte, die hieraus entsprungen sind,
zeugen von einer fast rührend-kindlichen Gläubigkeit. So war es sprechend für ihre Art
und ihren Glauben, wenn sie der Zeitung ein kleines Vorweihnachtsgedicht anbot, aber
kein Honorar dafür wollte, weil sie »nichts verdienen will am Christkindlein«. Hierzu
paßte auch, daß sie am Sonntagnachmittag zeitweise eine Gebetsstunde für Kinder hielt.

»Ihre große Liebe galt den Kindern, Tieren und Feldblumen«, schreibt Emilie Clauss,
und nicht zuletzt den Armen und Unterdrückten. Weil sie das selbst an sich erleben
mußte, fühlte sie mit und teilte. Wer konnte das verstehen?«

Die Freunde, die ihr wegen ihrer - äußeren - Armut helfen wollten, waren oft hilflos,
weil sie in ihrer Bedürfnislosigkeit, die mit einer gewissen Empfindlichkeit gepaart war,
Hilfe manchmal zurückwies. In ihrem Stübchen, in dem es recht kunterbunt aussah, für
sich sein zu können, ihre Freiheit zu haben, das galt ihr mehr als eine gute Versorgung in
einem Heim. »Jedem Zwang abhold«, so wieder Emilie Clauss, paßte sie in keine Schablone
, wie manche es gern gesehen hätten. Ihr Gut war der innere Reichtum, den sie verschenkte
. Sie war eine Gebende«.

Sie ruhte in sich selbst - war also auch eine Lebenskünstlerin!

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