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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
48.1986, Heft 2.1986
Seite: 236
(PDF, 45 MB)
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schulen - »Barden« = keltische Sänger und Erzähler, entwickelten sich ohne Bruch zu
den Klosterschulen der Iroschotten - wenn den Ausführungen von Jakob Streit in »Sonne
und Kreuz« geglaubt werden darf. Die zahlreich vorhandenen Sonnenkreuze dürften
für diesen Ubergang beachtenswerte Hinweise liefern. Im frühchristlichen Keltentum ist
das Kreuz noch in die Sonnenscheibe eingebunden, später trägt das Kreuz die Sonnenscheibe
.

Die römische Universalkirche hat die breitangelegte Bildung jäh unterbrochen. In Otlingen
gab es erst wieder nach der Reformation 1556 eine »Volksschule«. Bildung für die
Breite des Volkes war ein Akzent der iroschottischen und protestantischen Bewegung.

c) Die bereits erwähnte Naturoffenheit und ausgeprägte Tierliebe der iroschottischen
Mönche weist die Falschinterpretation von Genesis 1+2 zurück, als ob wir Herren der
Schöpfung wären. Die leidenschaftlich-bissigen Sätze von Carl Amery sind wohl zu hören
: »Die Erfolge des Christentums sind die Erfolge eines Lernprozesses der europäischen
.. Menschheit. Wer hat sie gelernt? Was hat sie als Axiome ihres Denkens, Fühlens
und Handelns übernommen .., daß wir Menschen die einzigen Geschöpfe sind, zu denen
der Schöpfer ein besonderes Verhältnis angebahnt hat? Daß infolgedessen die Welt
die einzige Beute ist, die wir nach unserem Gutdünken verteilen können, solange wir die
Spielregeln gegenüber unseren Mitchristen beachten. (Später, unter erklecklichen
Schwierigkeiten, haben wir die letzte Regel auf alle Menschen ausgedehnt.) Wir lernten
aber vor allem, daß unsere Zukunft absolut ist. Mit anderen Worten: Daß für uns gesorgt
wird, so oder so! ...

Und die übrige Schöpfung? Die Rohstoffe, die Flora, die Fauna? Fülle der Güter, der
gegenwärtigen Generation zur Nutznießung übergeben. Wen kümmert es schon, was
folgte?« Doch, das haben die iroschottischen Mönche sichtbar gemacht: Der Mensch
steht unter Gottes Auftrag in der Schöpfung; als Teil der Natur; in Freiheit und Zuordnung
und Verantwortung. C. Amery's Sätze treffen biblisches Denken und urchristliches
Handeln nicht. Dennoch: die Fragen nach unserem Verhältnis zum Tier, nach der
kosmischen Weite im biblischen Heilsplan-vgl. Römer 8, 19ff;Jesaja 11, l-8;-stellen
eine aktuelle Herausforderung dar.

d) Schon der Frühbote Irlands, Pelagius, trat für Freiheit und Verantwortung des
Menschen, für einen begrenzten Indeterminismus gegen die einseitige deterministische
Gnadenlehre Augustins ein. Er betonte die sittliche Fähigkeit und Freiheit des menschlichen
Willens zum Guten wie zum Bösen. Durch die Verdammung des Pelagianismus
durch die Synode von Karthago 418 hat sich die römische Kirche eindeutig vom christlichen
Individualismus abgewandt.

Pelagius schreibt an Demetria: »Willensfreiheit ist der Schmuck der vernünftigen Seele
«. Gegen den Vorwurf »Verächter der Gnade« und Vertreter einer hochmütigen
»Selbsterlösung« durch Willensfreiheit zu sein, spricht Pelagius von Schöpfungsgnade,
Offenbarungsgnade, Vergebungsgnade. Damit ist von diesem irischen Christen herauskristallisiert
, daß der Mensch nicht aus sich selbst, sondern aus der ihm durch Gnade geschenkten
Fähigkeit seinen Freiheitsspielraum nützen kann und soll.

Johannes Scotus Erigena (815 - 885), Ire, Lehrer in der Palatinschule Karls des Kahlen
, entfaltete in einer Untersuchung die Natur des freien Willens. Er betont, wie in unserem
Jahrhundert Karl Barth, »daß in Gott nur eine Prädestination sei, nämlich die zum
ewigen Leben«. Die Folge davon ist, daß er als Pelagianer angeklagt wurde.

Es sollte darüber nachgedacht werden: Wäre der Mensch total vorherbestimmt, programmiert
, könnte er weder lieben noch hassen, weder schuldig werden noch Verantwortung
übernehmen. Wäre der Mensch total frei, wäre er sein eigener Gott, rücksichtslos
und uneingeschränkt auf sich selbst geworfen. Dann gäbe es keine erlösende Gnade

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