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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 2.1987
Seite: 22
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0024
Die Genehmigung Hess auf sich warten. Deshalb wurde der Glockenguss aber nicht
zurückgestellt. Man beginnt, "weil die Glocke zur Uhr und Kirchen Gebrauch sehr nötig
war", bereits vorher. Die Gemeinde versprach jedoch, "dass die hiesige Kommuna
allen Fleiss anwenden werde, die Aussenstände in der Gemeinderechnung eintreiben
und damit die Schulden abzutilgen"26).

Bereits 1780 zerbarst auch diese Glocke wieder. Der im ganzen Wiesental bekannte
Glockengieser Weitnauer aus Basel erhielt diesmal den Zuschlag für eine Glocke von
7 Zentnern. Das markgräfliche Bauamt in Karlsruhe gab dazu seinen Segen, und erstmals
findet sich in der Genehmigung der Passus, "Serenissimus" habe keinen Einwand,
"da das Commun Aerarium (die Gemeindekasse) vermöglich seye"27).

Alltag in einer Gemeinde ist auch das in ihr stattfindende Vereinsleben.

Für Maulburg trifft dies besonders zu, denn dieser frühere Maulburger Alltag bedeutete
Spannungen zwischen den alteingesessenen und den neuen Bürgern, Differenzen
und Eifersüchteleien zwischen den alten Bauern und Bürgern und den zugezogenen,
durch die Industrialisierung hierher gekommenen Neubürgern.

Ein Beispiel dafür.

Im Mai 1866 wurde ein Musikverein gegründet, im Oktober 1871 dann ein Arbeitermusikverein
. Zum Schrecken der Ortsverwaltung entstand im Mai 1882 noch eine Musikgesellschaft
. Die Verwaltung meinte, das Bezirksamt solle "einem solchen Unfug gebührende
Einschränkung verschaffen"', zumal die Mitglieder, "die Söhne aus armen,
zum Teil aus der Gemeidekasse unterstützten Familien es sich zur Hauptaufgabe gemacht
haben, den einen Sonntag in diesen und den anderen in jenem Orte sich zu produzieren
, wodurch diesen jungen Leuten Gelegenheit geboten, ihr Verdienst zu verbrauchen
, während solcher ein Bedürfnis für die Familie wäre"28^

Im Juni 1861 wurde ein Gesangverein gegründet, der sofort bat, an Probeabenden
bis 11 Uhr im Lokal verbleiben zu dürfen. Da fast alle Mitglieder Fabrikarbeiter sind,
die "sich der Fabrikordnung streng zu fügen haben", können sie sich "nicht vor 9 Uhr
den Gesangsübungen unterziehen." Der Vorsteher des Bezirksamtes attestiert ihnen,
dass es "durchaus unbescholtene junge Männer" sind.

Trotzdem entsteht 4 Jahre später - nur aus alten Maulburgern - ein neuer Gesangverein
. Sein Zweck ist "Die Hebung und Verbesserung des Gesangs unter der Orts - Jugend
, insbesondere des Kirchengesangs und des Volksgesangs". In den Statuten des
neuen Vereins heisst es: "Das Singen anstössiger, unordentlicher Lieder, sei es auf der
Strasse oder sonstwo ist jedem Mitglied untersagt".

Der 3. Gesangverein in Maulburg bildete sich - mit 29 Mitgliedern - im Jul i 1873. Es
war der Gesangverein für gemischten Chor, der sich verpflichtete, jährlich drei öffentliche
musikalische Abendveranstaltungen durchzuführen29).

Mauiburgs Vereinsleben weist noch zwei Besonderheiten auf. Es ist die im Oktober
1863 gegründete Lesegesellschaft und der Arbeiterbildungsverein vom Juni 1867.

Die Lesegesellschaft, von Karl Rein, W. Blum und Friedrich Sturm gegründet, hatte
als Leseraum ein Nebenzimmer in einer Maulburger Wirtschaft, die jeweils nach zwei
Jahren gewechselt wurde. Ihr satzungsmässiger Zweck war die "Beförderung freien geselligen
Umgangs und zweckmässiger Lektüre". Ihre staatliche Anerkennung fand
diese Lesegesellschaft darin, dass für ihren Lesesaal die Polizeistunde aufgehoben
wurde30).

Im Arbeiterbildungsverein müssen wir den ersten Ansatz einer politischen Gruppierung
innerhalb der Arbeiterschaft Mauiburgs sehen, galt doch damals in den Reihen
der klassenbewussten Arbeiter die These "Wissen ist Macht". Laut Satzung sollte

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