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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
49.1987, Heft 2.1987
Seite: 76
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1987-02/0078
Gruppe festzustellen. Zwei Stubenmeister werden jährlich gewählt, die Wirtsfunktionen
erfüllen. Sie schwören, die Gäste recht zu bedienen und genaue Rechnung zu legen.
Der Stubenknecht hat der Herrschaft und der Gemeinde treu zu sein, aber wie ein Polizeidiener
alle Frevel und Schwüre (Flüche) der Gäste anzuzeigen. Konnte einer seine Zeche
(Urthe) nicht bezahlen, so mußte er ein Unterpfand oder Zeichen dalassen. Noch am
nächsten Morgen war es mit zwei Schillingen Buße einzulösen. Wer nicht zahlte, wurde
mit einem Pfund Pfennige bestraft. Spielschulden waren sofort zu begleichen. Wer Fenster
, Öfen, Gläser, Geschirr der Stube zerbrach, mußte es vergüten. Wer den Schaden
sah, hatte ihn anzuzeigen. »Polizeistunde« war am Abend um neun Uhr. Denen, die
nicht gehen wollten, hatte der Stubenknecht das Licht wegzunehmen. Wer ein anderes
brachte, anzündete, büßte mit 5 sh.

Um Streit und Gewalttat zu verhindern, waren strenge Strafen verhängt: Wer ein
blankes Messer zückte, zahlte 4 sh. Wer den anderen mit einem trockenen Streich schlug
(ohne Messer und Waffen), büßte mit 3 sh. Auf Geheiß der Stubenmeister hatte der Stubenknecht
Gäste zu pfänden. Für einen freventlichen Schwur zahlte man 4 sh, 2 an die
Stube, 2 der Kirche. Wer einen »fürchterlichen« Schwur tat, mußte angezeigt werden. Er
wurde in ein Halseisen am Pranger geschlagen und büßte mit 5 sh. Außerdem war er der
Herrschaft vorbehalten.

Die angeführten »Vorkommnisse« waren in Wirtshäusern dieser Zeit und später
durchaus üblich. Vielleicht unterschieden sie sich nur etwas in der Höhe der Strafe von
Herrschaft zu Herrschaft. Immerhin sind damit einige Probleme in der Wirtschaftsführung
angesprochen, die sich später ergänzen lassen.

Als das Klarissinenkloster Gnadental in Basel 1464 seine Besitzungen mit den Weinzinsen
für die Vogtei Badenweiler neu verzeichnen ließ, finden wir darunter einen Wirt
Brosius von Neuenfels in Obermüllheim. Die Neuenfels stammten von der gleichnamigen
Burg bei Britzingen. 1396 hält Vogt Cunrat Wegerli auf dem offenen Platz vor der
Kirche St. Martin Gericht namens des Grafen Cunrat von Freiburg, weil Rüdiger von
Neuenfels an das Kloster Sitzenkirch seine Verbindlichkeiten nicht erfüllt hatte. Ein
Neuenfels war dann Burgvogt von Badenweiler und wohnte nach Sievert im Bereich des
späteren Amtshauses in Müllheim neben St. Martin, wo das Geschlecht um 1490 größeren
Besitz hatte. Ob Brosius von Neuenfels als Adliger selbst wütete, erscheint zunächst
unsicher. Doch er ist als Wirt genannt, somit Inhaber der Wirtsgerechtigkeit. Daß er
Weinzins an das Kloster Gnadental zahlt, sagt noch nichts aus, wo sein Wirtshaus stand.
Es könnte im Kirchenbereich an der alten Wegschiene, der heutigen Wilhelmstraße, vermutet
werden. Ob sich die andere Erwähnung bei Sievert aus dem Seelbuch von St. Martin
von 1496, das Kloster Gnadental gibt für eine Herdstelle zwei Rauchhühner, auf das
Wirtshaus von Brosius beziehen kann, ließe sich vermuten, aber nicht beweisen.

Wir können davon ausgehen, daß der Neuenfelser 1464 nicht erst gerade aufgezogen
war, wohl ein Vorgänger dort schon wirtete. Damit läßt sich das Wirtswesen in Müllheim
doch etwa für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts beobachten. Brosius könnte
dieses alte Realrecht, eine Wirtschaft zu führen, vom Ortsherrn, dem damaligen Markgrafen
Rudolf IV. von Hochberg, erhalten haben.

Wenn Spezial Allenspach in seinem Visitationsbericht von 1558 über Müllheim von
»Wirtshäusern« spricht, so käme dafür einmal die »Gemeindestube«, dann vielleicht ein
Nachfolger des Brosius von Neuenfels neben anderen Unbekannten in Betracht.

Wohl durch Kriegsereignisse, Brände, ist um 1600 nach Sievert diese Wirtschaft im
Stalten verschwunden. Doch er erwähnt 1615 auf dem Platz des Amtshauses »ein Wirts-
häuslin, so dem Jacob Schenk, genannt Klapperjäckli, gehörig«, leider ohne nähere
Quellenangabe. (Abb. 1)

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